Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

Uebereinkunft mit dem römischen Stuhle. 205 
das napoleonische Bisthum Aachen sowie das kleine Corvey aufgehoben 
und dafür der erzbischöfliche Stuhl von Köln wiederhergestellt, mit den 
Suffraganbisthümern Trier, Münster, Paderborn. Aengstliche Gemüther 
befürchteten zwar, die Massen am Rhein würden in dem neuen Erzbischof 
den Nachfolger der alten Kurfürsten, den eigentlichen Landesherrn sehen; 
der König aber hegte ein besseres Zutrauen: wo anders als im Kölner 
Dome durfte der Stuhl des ersten preußischen Prälaten stehen? Alle 
diese Bisthümer lagen innerhalb der Landesgrenzen. Nur der Sprengel 
des Breslauer Fürstbischofs erstreckte sich auch über das österreichische 
Schlesien, während die Grafschaft Glatz und einige andere Landstriche der 
Provinz unter ihren böhmisch-mährischen Bischöfen verblieben. So stand 
der schlesische Clerus unter einem zweifachen fremden Einfluß, von Rom 
und von Oesterreich her, und der Oberpräsident Merckel rieth dringend, 
die lästige Ausnahme zu beseitigen; die Krone gab jedoch seinen Mahnungen 
keine Folge, weil der Wiener Hof nach seiner Gewohnheit den bestehenden 
Zustand aufrecht halten wollte, und weil das Breslauer Bisthum in 
Oesterreich noch große Güter, in Preußen seit der Secularisation von 
1811 fast nichts mehr besaß. 
Die Besetzung der Bischofsstühle geschah im Osten unverändert nach 
dem alten Herkommen, das will sagen: durch eine Scheinwahl, unter ent- 
scheidender Mitwirkung der Krone. Das Breslauer und die vier Dom- 
capitel des Westens hingegen erhielten dem Namen nach freies Wahlrecht; 
sie sollten jedoch durch eine Breve des Papstes angewiesen werden, nur 
einen dem Könige genehmen Geistlichen zu wählen und sich dessen vor 
der Wahl genau zu versichern. Damit wurde die gefährliche Listenwahl, 
die so leicht zur Umgehung der staatlichen Oberaufsicht mißbraucht wird, 
glücklich vermieden. Die Krone war befugt, jeden ihr mißfälligen Can- 
didaten unbedingt auszuschließen; es stand ihr sogar frei, den Wählenden 
zu erklären, daß sie im gegebenen Falle nur einen einzigen Mann als 
persona grata ansehe. So wirksame Rechte hatte die Curie einem pro- 
testantischen Fürsten bisher noch niemals förmlich zugestanden; sie that 
es diesmal, weil der König der Kirche von ihrem alten Reichthum so viel 
zurückgab als sich nach den Secularisationen der jüngsten Jahre noch er- 
statten ließ. Die Vorschrift des Reichsdeputationshauptschlusses, welche 
den Kirchen den ungestörten Genuß ihrer Güter und Schulfonds zusagte, 
konnte jetzt ohne Verletzung neubegründeter Rechte nicht mehr buchstäblich 
erfüllt werden; dafür verhieß der König einen Staatszuschuß, der allmählich 
bis zum Anfang der vierziger Jahre auf 712,000 Thlr. stieg, während 
die genügsamere evangelische Kirche für ihre so viel zahlreicheren Ge- 
meinden mit kaum 240,000 Thlr. vorlieb nehmen mußte. Die beiden 
Erzbischöfe und der Fürstbischof erhielten außer dem Genusse ihrer Paläste 
jeder 12,000 Thlr. jährlich. Wie auffällig erschien daneben die Karg- 
heit Napoleon's. Frankreich hatte für die Bisthümer Aachen und Trier
	        
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