Ergebnisse der Berathung. 247
Dagegen erhielten die Provinziallandtage ein beschränktes, aber frucht—
bares Gebiet der Selbstverwaltung, das sie bei einiger Rührigkeit leicht
erweitern konnten, zugewiesen: „die Communalangelegenheiten“ der Pro—
vinzen, die Sorge für Armenwesen, Straßenbau, Irrenhäuser und andere
gemeinnützige Anstalten, wurden ihren Beschlüssen überlassen, unter Vor—
behalt königlicher Genehmigung. Noch weit folgenreicher aber ward die
Zusage, daß die Reform der Kreis- und Gemeindeordnung nur unter
Mitwirkung der Stände, für jede Provinz besonders, stattfinden solle. Das
war der Triumph des ständischen Particularismus. Die Anhänger der
historischen Doktrin rühmten als einen Vorzug des preußischen Verfassungs-
planes, daß er auf „organische Entwicklung“ rechne, den Ständen selber
den Ausbau ihrer eigenen Institutionen anheimgebe, im erfreulichen Gegen-
satze zu dem engherzigen bureaukratischen Geiste der süddeutschen Con-
stitutionen. Der Versuch Hardenberg's und Friese's, das gesammte Gemeinde-
wesen der Monarchie gleichmäßig zu ordnen, hatte sich als so ganz
verfehlt erwiesen, daß jetzt der entgegengesetzte Plan kaum noch einen
Widerspruch in der Commission fand. Und doch berührte diese Frage die
Grundlage des gesammten Staatslebens. Indem die Krone das Kreis-
und Gemeindeleben acht ständischen Körperschaften preisgab, verzichtete sie
auf ein unveräußerliches Recht der Staatsgewalt; sie ließ die ständische
Selbstsucht schalten auf einem Gebiete, das nur durch eine die Klassen-
interessen kraftvoll bändigende Macht mit Gerechtigkeit geordnet werden
kann. Eine Kreisordnung, welche den Interessen der Städte und der
Bauerschaft einigermaßen gerecht wurde, ließ sich von dem Beirath solcher
Landstände nimmermehr erwarten. Vollends die Aufhebung der guts-
herrlichen Polizei, diese erste Voraussetzung jeder ernstlichen Reform des
Landgemeindewesens, war fortan unmöglich.
Daß die Rechte der Standschaft an das christliche Bekenntniß geknüpft
wurden, schien den Zeitgenossen selbstverständlich; nur wenige Stimmen
unter den Notabeln (unter den schlesischen eine einzige) sprachen dawider.
Ancillon gab sich sogar der harmlosen Hoffnung hin, die Juden würden,
von der Standschaft ausgeschlossen, fortan seltener als bisher versuchen,
christliche Grundherren auszuwuchern. Ueber die Zahlung von Diäten
war alle Welt einig; die Selbstsucht der besitzenden Klassen stimmte hier
überein mit der alten bureaukratischen Gewohnheit und mit den heiligen
Glaubenssätzen des vulgären Liberalismus. Die Oeffentlichkeit der Ver-
handlungen, die allerdings für Provinziallandtage nicht unbedingt noth-
wendig ist, schien selbst einem Niebuhr und Gneisenau schreckhaft und
gefährlich; in der Commission galt sie von Haus aus für unannehmbar,
auch die Notabeln bestanden nicht darauf. —
Als die Arbeit der Commission beendet war, gab ihr Haller öffentlich
seinen Segen und verkündete — was glücklicherweise nicht zutraf —, nun-
mehr sei die alte Begrenzung der vom Hause Brandenburg allmählich