Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

Verhandlung über die Landstände. 19 
Collegen Langenau endlose Verhandlungen führen; aber obwohl der König 
sich nach wie vor bereit erklärte, den früheren Wünschen Oesterreichs entspre— 
chend, für die Befestigung von Ulm zu stimmen, so zeigte Metternich doch 
keine Neigung, durch solche Vorschläge die süddeutschen Nachbarn zu kränken. 
Die kleinen Staaten versuchten sogar, den heiligen Grundsatz der un— 
bedingten Gleichheit aller Bundesglieder auch auf die Garnisonen der 
Bundesfestungen anzuwenden, obgleich Preußen auf Grund der euro— 
päischen Verträge berechtigt war, Luxemburg gemeinsam mit den Nieder— 
landen, Mainz gemeinsam mit Oesterreich zu besetzen. Mit Mühe und 
Noth erreichte Preußen endlich den Beschluß, daß diese Verträge aner— 
kannt, Mainz, Luxemburg und Landau vom Bunde übernommen werden 
sollten. Ueber die vierte Bundesfestung hingegen vermochte man sich 
wieder nicht zu einigen. Oberdeutschland blieb noch immer ohne mili— 
tärischen Schutz, und das Haus Rothschild wucherte mit den deutschen 
Festungsgeldern fröhlich weiter.“) Wie richtig hatte der Kronprinz Ludwig 
von Baiern diese grundsätzlich auf falsche Ziele gerichtete Bundespolitik 
geschildert, als er in seinem wunderlichen Lapidarstile sagte: „Zäumt 
man nicht das Pferd verkehrt, wo Einheit sein soll, gegen außen, dawider 
ist man, im Innern aber, zur Unterdrückung der Freiheit, dafür wird 
sich eifrig bemühet!“ Er wußte freilich nicht, daß sein geliebtes Baiern 
in den Fragen des Bundesheerwesens sich ganz ebenso störrisch zeigte 
wie die übrigen Königreiche des Rheinbundes, und Preußen allein die 
Vertheidigung des Vaterlandes mit redlichem Ernst betrieb. — 
Der dritte Theil der Schlußakte (Art. 53—65) begann sogleich mit 
dem Satze, daß „die Unabhängigkeit der Bundesglieder im Allgemeinen 
jede Einwirkung des Bundes in die innere Staatseinrichtung ausschließe". 
Nur über die Unterthanenrechte, welche bereits in der Bundesakte ver- 
sprochen waren, gab die Schlußakte einige „allgemeine Anordnungen“, 
deren Anwendung aber ausdrücklich den Einzelstaaten überlassen blieb. 
Hier stand denn natürlich der verhängnißvolle Art. 13 der Bundesakte 
obenan. Daß die Handhabung dieses Artikels nur im streng monarchi- 
schen Sinne erfolgen dürfe, war allen Mitgliedern der Conferenz unzwei- 
felhaft; außer Trott und Fritsch konnte Niemand unter ihnen liberaler 
Neigungen verdächtigt werden. Die Versammlung fühlte sich in ihrer 
hochconservativen Gesinnung noch bestärkt, als im Verlaufe des Winters 
erschreckende Nachrichten aus Süd= und West-Europa einliefen. Im 
Januar 1820 brach ein Aufstand im spanischen Heere aus; im Februar 
wurde der Thronerbe der Bourbonen, der Herzog von Berry ermordet; 
das Gebäude der Legitimität krachte in allen Fugen, und wehmüthig 
stimmte der Bundestag dem Grafen Reinhard zu, als dieser ihm die 
Pariser Blutthat mit den Worten anzeigte: „ein Ereigniß solcher Art wird 
  
*) Bernstorff's Berichte, 31. Jan., 12., 18. März, 30. April, 7., 15. Mai 1820. 
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