330 III. 5. Die Großmächte und die Trias.
schon fortbeständen, beantragen solle. Im Einzelnen forderte Zentner
namentlich die Aufrechterhaltung des monarchischen Princips bei der Aus-
führung des Artikels 13 der Bundesakte. Im Deutschen Bunde können
„keine von dem ursprünglichen landständischen Charakter gänzlich abweichen-
den Formen und Grundsätze geduldet werden“, darum müssen alle die
Bundesstaaten, welche ihren Ständen öffentliche Verhandlungen gestatten,
womöglich nach gemeinsamer Verabredung, strenge Geschäftsordnungen ein-
führen. Mit der Fortdauer der Gesetze wider die Universitäten und die
Presse erklärte sich der bairische Minister ganz einverstanden, obwohl er
hinzufügte, daß man in Baiern durch Bücherverbote ebenso viel, ja sogar
noch mehr erreicht habe als anderwärts durch die Büchercensur. Von
einem Vorbehalte der bairischen Souveränität und Verfassung war gar keine
Rede mehr. Also schien der Vater der bairischen Constitution mit fliegen-
den Fahnen in das österreichische Lager hinüberzuziehen, und Metternich
beschloß sofort, diese Denkschrift Zentner's für seine eigenen Anträge am
Bundestage zur Grundlage zu nehmen. Er wollte, so gestand er seinem
Kaiser, „Baiern compromittiren“, dem unzuverlässigen Münchener Hof
jeden Rückzug versperren. Hochbefriedigt verließ er Tegernsee am 5. Juni,
um dann auf dem Johannisberge seine Vertrauten um sich zu versammeln.
Sie Alle begrüßten die bairische Denkschrift als einen großen Erfolg. Der
preußische Bundesgesandte meinte schadenfroh: „Zentner schien sein eignes
Kind für ungerathen zu erklären und ging auf einen Erleuchtungspunkt
über, der von seinen früheren Ansichten als Illuminat, Professor und
Constitutionsverfasser sehr verschieden ist.“)
Ganz so schlimm stand es denn doch nicht. Der kluge bairische
Staatsmann hielt, obgleich er den Wünschen Oesterreichs sehr weit ent-
gegenkam, noch immer an den Grundsätzen fest, welche er auf der Wiener
Conferenz mit Bernstorff's Unterstützung vertheidigt hatte; er wollte kein
Eingreifen des Bundes in die Landesverfassungen. Und sah man schärfer
hin, so enthielt Zentner's Denkschrift nicht einmal das unzweideutige Ver-
sprechen, daß Baiern selber fortan das Karlsbader Preßgesetz buchstäblich
befolgen und, seinen Verfassungsgesetzen zuwider, die Büchercensur ein-
führen wolle. Wenn er eine scharfe Geschäftsordnung für die Landtage
wünschte, so war auch dies kein neues Zugeständniß, sondern lediglich eine
Umschreibung der in Art. 59 der Schlußakte bereits gegebenen Vorschrift.
Metternich wußte auch sehr wohl, daß die Gefügigkeit des Münchener
Hofes ihre Grenzen hatte. Als Berstett jetzt auf dem Johannisberge er-
schien um wieder einmal die Hilfe des Bundes anzurufen und wieder
einmal in einer langen Blittersdorffischen Denkschrift die bedrängte Lage
Badens darzustellen,““) da erwiderte ihm der Oesterreicher achselzuckend:
möge man in Karlsruhe zusehen, wie man aus eigener Kraft mit den
*) Nagler's Bericht, 19. Juli 1824.
**) Blittersdorff, Denkschrift über die Lage Badens, Johannisberg Juli 1824.