342 III. 5. Die Großmächte und die Trias.
tigsten Deutschen Bundes schützenden Privilegien“ die vierzig Bände der
Ausgabe letzter Hand in Cotta's Verlag erscheinen. Späterhin wurde das
alte Privilegium erneuert und ein gleiches auch für Schiller's Werke er-
worben. Aber die reichen Erben des hochverdienten Johann Friedrich Cotta
widerstanden den Versuchungen des Monopolgeistes ebenso wenig wie das
Haus Taxis; unbekümmert um die Mahnungen der Gelehrten, mißbrauchten
sie ihr Privileg durch schnöde Vernachlässigung der ihnen anvertrauten
Schätze, und so lange der Bundestag bestand erlangte das deutsche Volk
niemals eine anständige, correkte Ausgabe der Werke seiner größten
Dichter — ein nationaler Scandal, der, in England oder Frankreich un-
denkbar, nur von Neuem bewies, wie machtlos die öffentliche Meinung
in diesem zerrissenen Lande war.
Den Gegendienst für diese außerordentliche Begünstigung erstattete das
Haus Cotta durch seine Augsburger Allgemeine Zeitung, die etwa seit dem
Jahre 1820 das angesehenste, in Oesterreich sogar das allein gelesene deutsche
Blatt wurde. Sie war den Diplomaten unentbehrlich durch ihre reichhal-
tigen Berichte, den Gelehrten durch die wissenschaftlichen Aufsätze ihrer Bei-
lagen und schien ein Sprechsaal aller Parteien zu sein, da sie von Männern
grundverschiedener Gesinnung, zuweilen, wenn die liberale Zugluft scharf
ging, sogar von entschiedenen Radicalen Beiträge brachte und ihre eigene
Meinung nur selten, und stets mit diplomatischer Behutsamkeit aussprach.
In der Redaktion saßen lange Jahre hindurch Stegmann und Lindner's
Freund Le Bret, zwei liberale Particularisten von der Stuttgarter Farbe.
Gleichwohl stand diese unparteiische Zeitung mit dem österreichischen Hofe in
so inniger Verbindung, daß Cotta mehrmals daran dachte, sein Organ
nach Wien zu verlegen — wäre nur die ängstliche k. k. Censur nicht
gewesen! — und Gentz wußte wohl, warum er, hundertmal geärgert durch
die liberalen Artikel des Augsburger Blattes, ihm doch immer wieder seine
Gunst zuwendete. Wirksamer als in den Spalten des verrufenen Oester-
reichischen Beobachters ließen sich die Herzensgedanken der Wiener Staats-
kunst hier aussprechen, da die Redaktion nach kaufmännischen Grundsätzen
verfuhr und, um sich den Ruf diplomatischer Unergründlichkeit zu erhalten,
niemals eine Zusendung „von hochgeehrter Hand“ zurückwies — nur
mußten die Artikel zeitgemäß gehalten und dem aufgeklärten Publikum
mundrecht zugerichtet werden. Auf die politische Bildung der Nation,
die in ihrer unklaren Erbitterung und Sehnsucht vor Allem rückhaltlos
ehrlicher Belehrung bedurfte, konnte eine so in allen Farben schillernde
Zeitung nur tief verderblich wirken. Sie nährte in ihren Lesern jene
kenntnißreiche politische Hilflosigkeit, welche den gebildeten Deutschen vor
den Nachbarvölkern traurig auszeichnete. Wer durch diese Brille sah,
gelangte zu der Einsicht, daß die ekelhafte Posse in der Eschenheimer
Gasse ewig währen müsse; er meinte Alles zu wissen, da er über Perun,
Schweden, Hinterindien genau unterrichtet wurde, und blieb doch fremd im