Ausgang der spanischen Revolution. 355
ernsteste Aufmerksamkeit widmen“.“) Desgleichen wünschte Metternich
dem französischen Feldherrn militärische Vertreter der großen Mächte bei—
zugeben und die politische Leitung des Krieges der Pariser Gesandten—
conferenz zu übertragen. Auch diesem Vorschlage widersprach Bernstorff,
weil Frankreich eine solche Bevormundung nicht ertragen könne und die
Mächte selber nicht einig seien. Auf die Bekämpfung Villele's, der in
Metternich's Augen zu gemäßigt war, wollte der preußische Minister sich
ebenso wenig einlassen; das heiße Frankreich beleidigen, erwiderte er. Der
König billigte Bernstorff's Verfahren ausdrücklich und legte ihm nur ans
Herz, sich in Nebenfragen nachgiebig zu zeigen, weil „an dem Einver—
ständniß mit den Kaiserhöfen in der jetzigen Zeit Alles gelegen sei“.*)
Der spanische Feldzug verlief über alle Erwartung leicht; die be—
fürchteten Meutereien im französischen Heere blieben aus, da das ununter—
brochene Kriegsglück die Manneszucht befestigte. Schon im Mai zog der
Herzog von Angouleme in Madrid ein, jauchzend begrüßt von dem wetter—
wendischen Pöbel. Nach der Erstürmung des Trocadero vor Cadiz, der
einzigen ernstlichen Waffenthat dieses militärischen Spaziergangs, unter—
warf sich das ganze Land, im November fiel Alicante, die letzte Feste der
Revolution, und mit der ganzen Bilderpracht seiner Rhetorik konnte
Chateaubriand in Paris verkünden: so habe die weiße Fahne der Bour—
bonen in sieben Monaten erreicht was der napoleonischen Tricolore in
sieben Jahren nicht gelungen sei. Noch schimpflicher sogar als in Neapel
ging die Revolution in Spanien zu Grunde. Die nach Cadiz geflüchteten
Cortes beschlossen, hier auf der heiligen Stätte spanischen Ruhmes, noch
ihre eigene Auflösung, gaben dem Könige seine absolute Gewalt zurück,
und der Urheber der Bewegung, Riego endete unter Henkershand mit
dem reuigen Geständniß seiner revolutionären Blutschuld auf den Lippen.
Die wohlwollenden Absichten des Herzogs von Angouleme wurden
alsbald zu Schanden an dem Radicalismus, der jedem Kriege, zumal dem
Bürgerkriege natürlich ist. Sofort nach dem Einzug der Franzosen er-
hob sich die reaktionäre Partei in rasender Wuth. Schon die Regent-
schaft, welche der Herzog eingesetzt, verübte Greuel, denen er vergeblich
zu steuern suchte; und als nun gar Ferdinand selber wieder die Zügel in
die Hand nahm, da wurde die heilig versprochene Amnestie nach bour-
bonischem Brauche sofort zurückgenommen und es begann ein Schreckens-
regiment, wie es nur in Spanien möglich war. Mit unbegreiflicher Arg-
losigkeit hatten die Gesandten der Ostmächte, die den Charakter dieses
Bourbonen doch kennen mußten, Alles aufgeboten um die königliche Ge-
walt ohne jede Bedingung wiederherzustellen; nach der legitimistischen
*) Bernstorff's Weisungen an Hatzfeldt, 27. Mai, 3., 16. Juni; König Friedrich
Wilhelm an K. Ferdinand v. Neapel, 10. Juni 1823.
* ) Bernstorff's Weisungen an Hatzfeldt, 15. Juli, 9. Aug.; Bericht an den König,
20. Aug.; Antwort des Königs, 24. Aug. 1823.
23