Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

454 III. 6. Preußische Zustände nach Hardenberg's Tod. 
unmöglich machte den Staatshaushalt vollständig zu übersehen. Er trug 
vor der Welt die Verantwortung für das gesammte Finanzwesen; und gleich— 
wohl verfügte Ladenberg mit seiner Generalcontrole selbständig über alle 
Ausgaben und einen Theil der Einnahmen des Staates. Und dazu noch 
die unabhängige Staatsschuldenverwaltung, bei deren Einsetzung Klewitz 
nicht einmal befragt wurde. Da der Streit der Departements einen 
vollständigen Etat gar nicht mehr zu Stande kommen ließ, so mußte der 
Minister schon 1824 die für jedes dritte Jahr versprochene Bekannt— 
machung des Budgets unterlassen. Müde der ewigen Reibungen und 
doch zu schüchtern um für sich selber die gebührende Macht zu fordern, 
erklärte er im December 1824 dem Könige, unter den bestehenden Ressort— 
verhältnissen vermöge er das Gleichgewicht der Finanzen nicht herzustellen, 
und erbat sich nachher die Oberpräsidentenstelle in seiner sächsischen Heimath. 
Der König ließ darauf (12. December) den vier Präsidenten Schön, 
Vincke, Motz und Schönberg den Entwurf des neuen Etats zusenden mit 
der Anfrage: welche Bedenken sie dawider hätten, und welche besonderen 
Befugnisse sie für den künftigen Finanzminister noch verlangten, damit er 
das Gleichgewicht wieder herstellen könne. Jeder der Vier sollte antworten 
als ob er selber zur Uebernahme des Finanzministeriums bestimmt sei; 
Keiner durfte von der Befragung der Anderen etwas erfahren. In ihren 
Erwiderungen empfahlen Vincke und Schönberg lediglich eine abermalige 
Verminderung der Ausgaben, ohne die Mittel und Wege anzugeben. 
Tiefer ging Schön auf die Frage ein. Er wollte die Verwaltung der 
Staatsschuld und des Staatsschatzes mit dem Finanzministerium vereinigen 
und verlangte nach seiner Gewohnheit zugleich, daß dem Ministerium „das 
Vertrauen des Volks“ zur Seite stehen müsse. Auch benutzte er die Ge- 
legenheit um die neue Instruktion für die Oberpräsidenten zu tadeln und 
in einer besonderen Denkschrift seinen alten Lieblingsgedanken, die vom 
Könige soeben erst endgiltig verworfene Wiederherstellung der Provinzial- 
minister, zu befürworten.) Nur Motz traf in seiner Antwort mit sicherer 
Hand den eigentlichen Sitz des Uebels, den Dualismus der Finanz- 
verwaltung. Er forderte für den Minister kurz und gut Sitz und Stimme 
in der Generalcontrole, so daß auch die Ausgabe-Etats nicht ohne seine 
Genehmigung zu Stande kommen könnten; sodann ganz freie Hand bei 
der Auswahl seiner Räthe, endlich Centralisation des Kassenwesens. In 
zwei weiteren Denkschriften, die er gleich darauf dem Grafen Lottum über- 
gab, verlangte er ferner die Aufstellung völlig zuverlässiger Etats und 
erklärte sich entschieden gegen die Wiedereinführung der Provinzial- 
ministerien. Denn neben solchen Unterministern sei ein mächtiger Finanz- 
minister unmöglich; dieser müsse unmittelbar an der Verwaltung theil- 
nehmen um „unverbesserliche Mißgriffe, Einseitigkeit und Indolenz“ zu 
  
*) S. o. III. 420.
	        
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