586 III. 7. Altständisches Stillleben in Norddeutschland.
und die anderen herrlichen Stiftungen der Vorzeit die Armuth nirgends
aufkommen ließen, so konnte die Stadt doch, von ihrem Hinterlande künst—
lich getrennt, sich des Friedens nicht recht freuen. Ganz unerträglich ward
ihr die böse Nachbarschaft der Dänen, die, als ob sie der Schlacht von
Bornhöved gar nicht vergessen könnten, jetzt wie vormals durch Feind—
seligkeiten jeder Art das Aufsteigen Lübecks zu hemmen suchten. Erst nach
jahrelangen ärgerlichen Verhandlungen erlaubte die dänische Krone den
Bau der unentbehrlichen Straße nach Hamburg quer durch Holstein, und
auch dann nur auf einem großen Umwege. —
Noch weit schwerer lastete die Hand dieses bösen Nachbarn auf der
transalbingischen Nordmark. Es war ein Schicksalstag, entscheidend für
vier Jahrhunderte, jener 3. März 1460, da die Landräthe Schleswig-
holsteins in Ripen den Dänenkönig Christian I. zum Herzog von Schleswig
und Grafen von Holstein kürten. „So wurden die Holsten Dänen“" klagte
der Lübecker Chronist. Manchen der Tagenden mochte das dänische Gold
bestimmen, Manchen die Hoffnung, der ferne Landesherr, der Karsten aver'n
Belte werde die heimische Adelsfreiheit wenig stören; den Ausschlag gab
doch die Einsicht, daß die alte, in so viel blutigen Kämpfen gegen die
Unionskönige des Nordens behauptete Verbindung zwischen dem dänischen
Lehen Schleswig und dem deutschen Reichslehen Holstein nur durch diese
Wahl gesichert werden konnte. Ausdrücklich „nicht als ein König zu Däne-
mark“ sondern als ein Herr dieser Lande wurde Christian gewählt und mußte
durch die Magna Charta und ihre Tapfere Verbesserung das Staatsrecht
der beiden vereinten Lande feierlich sicherstellen. Er beschwor — und nach
ihm die lange Reihe seiner Nachfolger —, dat se bliven up ewig tosamede
ungedeelt, daß nur deutsche Holstenkinder angestellt, nur mit Bewilligung
der Stände Steuern erhoben, nur im Lande selbst Kriegsdienste geleistet
werden sollten. Hoch war der Preis, der für diese Freiheitsbriefe gezahlt
wurde. Das altholsatische Hamburg trennte sich nun erst, wie vor ihm
Lübeck, von seinem Heimathsstaate. Statt des glorreichen heimischen Grafen-
geschlechtes der Schauenburger herrschten jetzt fremde Fürsten, die mit
leerer Tasche kamen um mit gefüllter davonzugehen. Das deutsche Reichs-
land Holstein gerieth durch die Vereinigung mit dem dänischen Schleswig
in unhaltbare Rechtsverhältnisse, die nur darum erträglich schienen, weil
der Reichsverband so wenig mehr bedeutete. Beide Länder wurden durch
ihre dänischen Herrscher der deutschen Politik entfremdet und in die Händel
Skandinaviens verwickelt.
Gleichwohl blieb das Eine gewahrt, worauf hier die ganze Zukunft
deutschen Rechtes und deutscher Gesittung ruhte: die Untrennbarkeit der
Herzogthümer. Zwar ist auch Schleswigholstein dem gemeinen deutschen
Schicksal wiederholter Landestheilungen nicht entgangen. Aber niemals
wurde Schleswig von Holstein abgetrennt; die Gottorper Herzöge, die sich