Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

Achter Abschnitt. 
Der Zollkrieg und die ersten Zollvereine. 
Während die kleinen Staaten des Nordens in tiefer Stille gebunden 
lagen, brach in Baiern geräuschvoll ein hoffnungsreiches neues Leben an. 
König Ludwig stand bereits in seinem vierzigsten Jahre, als er den Thron 
bestieg, und die Aerzte versprachen ihm kein hohes Alter. Da galt es 
rasch zuzugreifen. Längst schon die Hoffnung der patriotischen Jugend des 
Südens, hatte er sich in den letzten Jahren dem väterlichen Hofe meist 
mißmuthig fern gehalten; denn in gesellschaftlicher Gewandtheit konnte 
er weder mit seinem Schwager Eugen Beauharnais wetteifern, noch mit 
seinem jüngeren Bruder Karl, dem erklärten Liebling der Eltern, und die 
schwankende politische Haltung des Cabinets, die geheimen Hilferufe, die 
von München aus an die Großmächte ergingen, verletzten seinen Stolz. 
Nun endlich war er der Herr und konnte der Nation zeigen, was ein 
König sei, „teutsch, religiös, volksrechtlich gesinnt"“". Friedrich der Große 
galt ihm als das Ideal des Herrschers, obgleich er selbst mit dem Vor- 
bilde nicht viel mehr gemein hatte als die unermüdliche Arbeitslust, die 
sich nie genug that. Von der genialen Nüchternheit des historischen Helden 
lag gar nichts in dieser phantastisch aufgeregten Natur, die mit unersätt— 
licher Empfänglichkeit alle die neuen politischen, kirchlichen, künstlerischen 
Ideale, welche der gährenden Zeit entstiegen, in sich aufnahm. 
Ein echtes Kind der Romantik stand König Ludwig seinem Schwager, 
dem Kronprinzen von Preußen, sehr nahe; aber glücklicher als Friedrich 
Wilhelm blieb er vor dem Fluche des unfruchtbaren Dilettantismus be- 
wahrt; denn unter den Gaben seines allseitig erregbaren Geistes war doch 
eine, die alle anderen beherrschte, die seinem Leben Halt und Richtung 
gab: der Kunstsinn. 
Neue Schöpfung ewig neuer Freude 
Im geschäft'gen Geiste stets entsteht. 
Nicht der Zeit wird jemals sie zur Beute, 
Und es ist ein sel'ges, ew'ges Heute, 
Von dem Geist der Liebe angeweht — 
so schildert er einmal selber das Unsterbliche in seinem Wirken. Sein 
Ehrgeiz war, den schlummernden Farben= und Formensinn zu wecken, die
	        
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