770 Schön's Denkschrift über die Provinzialministerien.
angemerkt: In der Conferenz mit Graf Rechberg, Fürst Wrede und Frhr. v. Zentner,
von Letzterem dem Fürsten Metternich vorgelegt. Tegernsee, 28. Mai 1824.“
Da an der Wahrheit dieser Versicherung nicht gezweifelt werden kann, so sind nur
zwei Fälle möglich: entweder haben sich die Papiere im Laufe der Jahre verschoben, oder
es befanden sich mehrere Actenstücke in dem Umschlagbogen, und Herr v. Klinckowström
hat mit jenem kritischen Scharfsinne, den er in der Ausgabe der Metternich'schen Papiere
so oft bewährt, das unrichtige ausgewählt.
Die wirkliche Denkschrift Zentner's steht bei Ilse, Gesch, d. d. Bundesversammlung
II. 341. Für die Echtheit dieses Actenstücks kann ich einstehen, da Nagler seinem Be-
richte vom 19. Juli eine völlig gleichlautende Abschrift, die ich eingesehen habe, beilegte,
und Fürst Hatzfeldt ebenfalls eine gleichlautende Abschrift, die er von Metternich erhalten
hatte, dem Könige einreichte.
Auch wer das handschriftliche Material nicht kennt, kann sich leicht von der Echt-
heit der bei Ilse abgedruckten Denkschrift überzeugen. Denn Metternich erzählt selbst
(a. a. O. IV. 104), er habe den Grafen Münch eigens verpflichtet, in seiner Präsidial-
proposition „so viel Zentner'sche Worte als möglich beizubehalten“, und in der That
enthält die in den Bundesprotocollen mitgetheilte Präsidialproposition vom 16. Aug.
ganze Sätze aus der echten Zentner'schen Denkschrift, aber kein Wort aus dem bei
Klinckowström abgedruckten Actenstücke.
Dieses letztere ist ein Promemoria über die geschäftliche Behandlung der Frage,
das von Münch-Bellinghausen am 6. Jan. dem Staatskanzler eingesendet und von
diesem, etwas umgearbeitet, am 12. Mai dem Fürsten Hatzfeldt mitgetheilt wurde.
Beide Actenstücke stehen ebenfalls bei Ilse II. 325 ff. Die Echtheit des an Hatzfeldt ge-
richteten Schreibens kann ich auch bestätigen, da ich das von Metternich eigenhändig
unterzeichnete Actenstück im Berliner Geh. Staatsarchiv vorgefunden habe.
XIII. Schön's Denkschrift über die Provinzialministerien.
Zu Bd. III S. 419 f. 455.
Die „Weiteren Beiträge zu den Papieren des Ministers v. Schön“ (Berlin 1881)
erzählen S. 111 ff. von einer großen Reaktionsgefahr, welche im Jahre 1824/25 den
preußischen Staat bedroht habe und durch Schön bekämpft worden sei. Der Verfasser
ist jedoch für seine gänzlich aus der Luft gegriffene und lediglich zur Verherrlichung
Schön's erfundene Behauptung jeden Beweis schuldig geblieben. Nachdem die Verfassungs-
frage bereits im Jahre 1821 entschieden war, handelte es sich im Jahre 1824 nur noch
um die Frage: Fachminister oder Provinzialminister? Und in diesem Streite stand
Schön unleugbar auf Seiten der Reaktion; er wirkte wie Marwitz und Herzog Karl v.
Mecklenburg für die Wiedereinführung der Provinzialministerien, obgleich er dabei von
anderen Beweggründen geleitet wurde, als die Feudalpartei. Unter den mannigfachen
Plänen zur Vereinfachung der Verwaltung tauchte allerdings auch einmal der Vorschlag
der Einführung des Präfectursystems auf; er wurde aber bald wieder verworfen, und
in dem Hauptberichte der Ersparungscommission vom 4. Juli 1824 war davon mit
keinem Worte mehr die Rede. Der König befahl am 31. August 1824, nach den Vor-
schlägen der Commission, die Fachministerien und die gesammte neue Verwaltungs-
ordnung im Wesentlichen aufrecht zu halten. Die Entscheidung war also längst gefallen,
als Schön seine Denkschrift vom 22. December schrieb.