Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Vierter Teil. Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. (27)

Ernst August von Cumberland. 165 
daß man an dem Bestehenden nichts ändern dürfe; darum wünschte er 
die Aufrechterhaltung der alten Provinzialstände. Sobald im Jahre 1814 
die allgemeine Ständeversammlung berufen wurde, erklärte er sich da— 
wider in einer Denkschrift an den Prinzregenten, aber ganz in der 
Stille, so daß selbst sein Bruder Clarence, der spätere König Wilhelm, 
kein Wort davon erfuhr; auch gegen die zweite Verfassungsänderung vom 
Jahre 1819 erhob er Einspruch bei dem Prinzregenten, aber nur mündlich 
und wieder insgeheim. ) Beide Verwahrungen blieben unbeachtet. Man 
sah auch stillschweigend darüber hinweg, daß der Herzog jeden amtlichen 
Verkehr mit dem Allgemeinen Landtage vermied und der Ständeversamm- 
lung, als sie sich im Jahre 1822 ihm vorstellen wollte, kurzweg erwidern 
ließ: er könne nur die einzelnen Mitglieder als Privatleute empfangen. 
Als nun der Entwurf des Staatsgrundgesetzes vorlag, hielt der ge- 
wissenhafte König für nötig, die Meinung des Thronfolgers einzuholen, 
obgleich er dem Herzog wenig traute und ihm deshalb auch bei der Be- 
setzung der Stelle des Vizekönigs den jüngeren Bruder Cambridge vor- 
gezogen hatte. Schon im Oktober 1831 ließ er ihm durch Ompteda und 
Kabinettsrat Falcke den Verfassungsplan mitteilen, der bereits den Vor- 
schlag der Kassenvereinigung enthielt, und war freudig überrascht, als 
Cumberland dafür in einem überaus verbindlichen Briefe dankte. „Ich 
kann nicht genug meine vollkommene Befriedigung in aller und jeder Be- 
ziehung erklären“ — so schrieb Ernst August am 31. Oktober und pries 
den Edelmut und die Uneigennützigkeit des Königs, der also bewiesen habe, 
„daß Ihr einziger Zweck ist, die Finanzen des Landes Hannover auf einen 
solchen Fuß zu setzen, daß Ihre Nachfolger keine Schwierigkeiten haben 
sollen.“ Nur gegen drei Bestimmungen erhob er Einwände. Zunächst gegen 
die Offentlichkeit der Landtagsverhandlungen, die selbst König Ludwig von 
Bayern für gefährlich halte. Sodann wider die Tagegelder der Abgeord- 
neten; doch hier, meinte er in seiner rohen Weise, sei vielleicht eine kluge 
Nachgiebigkeit möglich: „dann werden die Kosten wenigstens auf das Land 
fallen und nicht auf den Souverän; und mit solchen Einschränkungen, 
daß die Stände das Geschäft nicht hinausziehen können, um desto länger 
bezahlt zu werden.“ Zum dritten fand er es bedenklich, daß die beur- 
laubten Soldaten unter der bürgerlichen Obrigkeit stehen sollten — eine 
Frage, die in dem Entwurfe unmittelbar gar nicht berührt war. Ganz 
in demselben Sinne hatte er tags vorher an den Herzog von Cambridge 
geschrieben und inbrünstig versichert: der Plan „macht beiden, dem 
Könige und der Regierung, die höchste Ehre. Des Königs Kopf und Herz 
haben bei dieser Gelegenheit geglänzt.““) 
Der gute König war seelenfroh, er dachte ja selbst keineswegs liberal, 
  
*) Näheres in Beilage XVIII. 
*) Cumberland an Cambridge, 30. Okt., an König Wil helm, 31. Okt. 1831
	        
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