Schleswig-Holstein. Falck. 169
Je deutlicher die unredlichen Hintergedanken des Thronfolgers sich
enthüllten, um so ratsamer schien es, die Bürgschaft des Bundestags
für das Staatsgrundgesetz zu erbitten; sie wäre dieser konservativen Ver-
fassung wohl leichter gewährt worden als der radikalen kurhessischen. Aber
die Regierung wagte nicht einmal den Versuch. Rose fühlte sich überall
gehemmt durch das stille Widerstreben seines unberechenbaren Nebenbuhlers
Geh. Rat Falcke. Obwohl die neue Ordnung des Staatshaushaltes
sich trefflich bewährte und bald erhebliche Überschüsse erzielte, so wurden
doch die zur Ausführung der Verfassung verheißenen Gesetze bei weitem
nicht so rasch gefördert wie in Sachsen. Namentlich an die Exemtionen
des Adels getraute man sich nicht recht heran. Auch dem Landtage
fehlten Zug und Schwung. Die erste Kammer bestand zu acht Neunteln,
die zweite zu fünf Achteln aus Besoldeten, dort saßen die adligen, hier die
bürgerlichen Beamten, ganz wie sonst: nur die Geheimen Räte der Haupt-
stadt waren, seit das Land Diäten zahlte, etwas spärlicher, dafür die Amt-
männer aus den Provinzen um so stärker vertreten. Mit gutem Grunde
klagte die liberale Presse, dies Land werde durch die Masse seiner Be-
amten erdrückt wie Spanien durch das Heer seiner Mönche. Erst im Jahre
1837 legte die Krone dem Landtage eine Reihe wichtiger Gesetzentwürfe
vor, doch kaum hatte er die Beratung begonnen, da starb König Wilhelm
und eine neue Zeit der Kämpfe brach über das Welfenland herein. —
In Hannover wurde durch die konstitutionelle Bewegung mittelbar
auch die Fremdherrschaft erschüttert, da der Sitz der Regierung fortan
im Lande selber blieb. Noch deutlicher bekundete sich in Schleswig-Holstein,
wie eng die liberalen und die nationalen Ideen der Zeit miteinander
verkettet waren. Seit ihrem verunglückten Feldzuge am Bundestage war
die Ritterschaft der Herzogtümer ganz still geblieben, ihr streitbarer Führer
Dahlmann hatte Kiel verlassen, und von den Verhandlungen jener Kopen-
hagener Kommission, welche die neue Verfassung für Holstein ausarbeiten
sollte, verlautete längst kein Wort mehr. Aber Dahlmanns Wirken
hatte in den höheren Ständen die Liebe zu dem alten Rechte Trans-
albingiens geweckt, in dem engeren Kreise der Freunde auch schon das
helle Bewußtsein des deutschen Volkstums; denn bei seinem Kampfe für
das Landesrecht leitete ihn stets die Absicht, daß die Fremdherrschaft auf
deutschem Boden in ihrer unheilvollen Wirkung beschränkt werden, daß
„die deutschen Untertanen Dänemarks“ Deutsche bleiben, nur gegen
Deutschlands Feinde Krieg führen müßten: „das ist ihr Charakter,
ihre unfreiwillige Bestimmung.“ Nach Dahlmanns Abgang war jetzt
sein treuer Genosse Nik. Falck der anerkannt erste Mann des Landes.
Aus Falcks rechtshistorischen Vorlesungen und seinen staatsrechtlichen
Schriften, aus den mannigfaltigen Aufsätzen seines Staatsbürgerlichen