Frankreich und die deutschen Höfe. 211
zugleich und verwundet. An dem Tage, da der König von Preußen in
seinem Staate die Reichsstandschaft begründet, wird der gesetzliche Deutsche
wieder aufatmen; er hat die Versicherung, daß bei der Freiheitsent—
wicklung Gesetz wohnen werde, daß unseren Dynastien ihre Ehre ver—
bleibe, daß aber auch fortan die Bundesversammlung in ihre Berech—
nungen die leitenden Ideen aufnehmen und allmählich dem Grundgesetze
einverleiben werde, welche das gute heimische Recht sicherstellen vor jeder
verderblichen Einwirkung, sei's von Osten oder von Westen.“ —
Für solche Pläne einer Verjüngung des Bundestages fehlten für
jetzt noch alle Vorbedingungen. Preußens Bundespolitik ging, wie sie
es mußte, zunächst nur darauf aus, Deutschlands innere und äußere
Sicherheit in so drangvoller Zeit zu befestigen. Dem Hofe des Palais
Royal gegenüber hielten sich die kleinen deutschen Kabinette allefumt
untadelhaft, weit patriotischer als ihre liberalen Untertanen. Bei einigen
mochte der Haß gegen die Revolution, bei anderen die noch frische Er-
innerung an das Schicksal Friedrich Augusts von Sachsen mitwirken,
die Mehrzahl war wirklich national gesinnt. Als General Sebastiani
unter der Hand bei dem bayrischen, dem württembergischen Gesandten
und dem Karlsruher Hofe anfragte, ob nicht ein neuer Rheinbund oder
doch eine Neutralität Süddeutschlands möglich sei, da ward er überall scharf
abgewiesen, und die kleinen Höfe berichteten das Geschehene getreulich
den deutschen Großmächten.*) König Ludwig von Bayern war in dieser
Zeit, da die Zollverhandlungen sich so glücklich abgewickelt hatten, Feuer
und Flamme für Preußen und versicherte dem Könige Friedrich Wilhelm,
als er seinen Sohn auf die Berliner Hochschule sendete, wiederholt: sein
Thronfolger solle dort sich mit denselben Gesinnungen für Preußen er-
füllen, „die mich durchdringen, für Preußen, was mehrmalen Bayern
meinem Hause erhielt, der ich nur in engem Verbande mit Preußen
Deutschlands Heil sehe.“““) Auch der König von Württemberg hatte mit
den Trias-Träumen früherer Jahre gründlich gebrochen; die hohle Rhe-
torik der Liberalen widerte seinen nüchternen Geist mehr und mehr an.
Als er im Juni 1831 mit Ludwig Philipp in Straßburg zusammentraf,
verhielt er sich sehr schweigsam und sagte schließlich dem Franzosen rund
heraus, an einen neuen Rheinbund sei gar nicht zu denken.)
Diese achtungswerte Gesinnung der kleinen Höfe hinderte freilich
nicht, daß jeder durchgreifende Bundesbeschluß, nach altem Frankfurter
Brauche, auf eigensinnigen Widerspruch stieß. Am 18. Sept. 1830 ver-
sammelte Münch, im Einverständnis mit Nagler, die Bundesgesandten
*) K. Ludwig von Bayern an K. Friedrich Wilhelm, 17. März 1831. Otterstedts
Bericht, 12. Dezember 1830. Arnims Bericht, Karlsruhe 8. Januar 1831.
**) K. Ludwig von Bayern an K. Friedrich Wilhelm, 30. Sept., 2. Nov. 1830.
*7) Berichte Salviatis, 27. Juni, Otterstedts, 21., 26. Juni 1831.
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