Der Königsberger Landtag. 43
nen des Vaters, anzukündigen. Inzwischen hatte er seine Absicht geändert,
und da er jetzt mit leeren Händen kam, so verschuldete er selbst, was er
doch verhindern wollte: daß die Krone von ihrem treuen Volke gedrängt
wurde.
Schön eröffnete den Landtag als königlicher Kommissar. Er gedachte
zunächst des verstorbenen Königs und der jedem ostpreußischen Herzen
teueren Reformperiode, welche „den letzten Rest der Sklaverei“ vernichtet
habe. In seiner klug berechneten Rede, die er überdies noch durch eine
Denkschrift näher begründete, legte er sodann den Ständen die Antwort in
den Mund, welche sie auf die Fragen des neuen Herrschers zu geben hätten:
er riet ihnen, dem Könige, nach ihrem alten Ehrenrechte, das herkömm—
liche Huldigungsgeschenk von 100 000 Gulden anzubieten, dagegen auf die
Vertretung eines besonderen Herrenstandes zu verzichten, auch auf die
Bestätigung ihrer alten, aus der trüben Zeit der Klöster und der Zünfte
stammenden Privilegien keinen Wert zu legen. Diese Ratschläge des
mächtigen Oberpräsidenten eigneten sich die Landstände fast wörtlich an.
Da er durch Brünneck, die Brüder Auerswald und andere Getreue die
Versammlung vollkommen beherrschte, so läßt sich mit Sicherheit annehmen,
daß er auch an allem, was nun folgte, insgeheim teilnahm; den Schein
der amtlichen Zurückhaltung wußte er freilich so vorsichtig zu wahren, daß
er nachher jede Mitwirkung in Abrede stellen konnte. Der Kaufmann
Heinrich aus Königsberg, ein wohlmeinender, gemäßigt liberaler Mann,
der nur dies eine Mal eine Rolle in der Geschichte Preußens spielen und
nachher bald wieder vergessen werden sollte, beantragte nunmehr, den König
um die Erfüllung der alten Verfassungsversprechen zu bitten. Im Sinne
dieses Antrags wurde darauf eine ständische Denkschrift ausgearbeitet. Die
Feder führte der ritterschaftliche Abgeordnete Alfred v. Auerswald, ein
Sohn jenes wackeren alten Oberpräsidenten, der einst, noch vor der be-
freienden Gesetzgebung des Staates, zuerst die Hörigkeit auf seinen Gütern
aufgehoben hatte. Wie sein Bruder, der jetzt als Oberbürgermeister der Lan-
deshauptstadt ebenfalls dem Landtage angehörte, war Alfred Auerswald
vor Jahren auf dem Schloßhofe der alten Königsberger Ordensburg der
tägliche Spielgefährte der königlichen Prinzen gewesen und ihnen seitdem
in treuer Freundschaft verbunden geblieben.
In diesen Brüdern Auerswald, in dem zweiten Landtagsmarschall
Saucken-Tarputschen, in Brünneck, Bardeleben und der großen Mehr-
zahl der anderen adligen Landstände Altpreußens offenbarte sich zur all-
gemeinen Überraschung eine neue politische Kraft, die man seither ganz
übersehen hatte, weil sie sich im Stillleben der Provinziallandtage verlor.
Die alten Adelsgeschlechter des Südens hatten bisher in ihrer großen
Mehrzahl sich entweder dem neuen politischen Leben der Nation grollend
ferngehalten oder sich der ultramontanen Partei angeschlossen, weil sie
die Gewalttaten der rheinbündischen Tage nicht verschmerzen konnten;