588 V. 7. Polen und Schleswigholstein.
Schloß, um sofortige Anderung der Verfassung zu verlangen. König Fried-
rich ließ die Abgesandten nicht vor, aber zugleich berief er seinen Freund
Bardenfleth, einen fanatischen Dänen, in das Ministerium. Die Eider-
dänen witterten Morgenluft; sie verlangten stürmisch, die erfahrenen
Männer müßten nach der Kopfzahl erwählt werden, also je fünf Dänen auf
drei Deutsche. Die Schleswigholsteiner hingegen bemühten sich bis zum
letzten Augenblicke, in den Schranken der Mäßigung zu verbleiben; sie
wollten die dargebotene Hand des neuen König-Herzogs nicht von sich
stoßen. Auf einer Zusammenkunft in Kiel, wo sich die Landtagsabgeord-
neten beider Herzogtümer vollzählig einfanden, sprachen Reventlow und
Beseler sehr besonnen; man beschloß (17. Febr.), die Wahl der erfahrenen
Männer vorzunehmen. Aber jedem der Gewählten wurde anheimgegeben,
das deutsche Recht nach Gewissenspflicht zu verwahren. An eine friedliche
Verständigung glaubten nur noch wenige; Reventlow und Beseler hatten
bereits im letzten Herbst die Möglichkeit eines offenen Kampfes zusammen
erwogen. Schon die Einberufung dieser Versammlung selber, die doch
nichts anderes war als ein Vereinigter Landtag Schleswigholsteins, zeigte
deutlich, wie der alte Gesamtstaat aus den Fugen ging. Die Augusten-
burger begannen alsbald die Brücken hinter sich abzubrechen. Bei
Christians pomphaftem Begräbnis war keiner aus ihrer Linie zugegen;
und als ihnen der neue Herrscher, allerdings gegen den Hausbrauch der
letzten Jahrzehnte, die Erneuerung ihres Huldigungseides zumutete, da
weigerte sich der Herzog sowohl wie der Prinz von Noer. König Friedrich
sah in alledem berechnete Auflehnung.“)
So gespannt war die Lage. Jeden Augenblick konnte die nationale
Leidenschaft hüben oder drüben losbrechen und das blutige Spiel um
Deutschlands Nordmark beginnen. Der König von Preußen bemerkte dies
wohl. Er sendete bald nach dem Thronwechsel seinen vertrauten General
Gerlach nach Kopenhagen, angeblich um sein Beileid auszusprechen, in
Wahrheit um zu beobachten und nötigenfalls zu raten. Canitz ließ den Ge-
neral durch den gescheiten Legationsrat Grafen Hans v. Bülow über die
dänischen Verhältnisse genau unterrichten und erteilte ihm selbst (4. Febr.)
ausführliche Weisungen, die nur von neuem bewiesen, wie harmlos ehr-
lich die preußische Regierung verfuhr, aber auch, wie wenig sie den Ernst
der Zeit und die Macht der nationalen Gegensätze verstand. Noch immer
betrachtete Canitz den Streit zwischen Dänen und Deutschen als bare
Torheit; er hielt Dänemark für Deutschlands natürlichen Verbündeten,
da seine Flotte ja bei uns keinen Nebenbuhler zu fürchten hätte. Diesen
Verbündeten wollte er nicht schwächen; darum verwarf er sowohl die Politik
der Eiderdänen, die in blindem Deutschenhaß ihren eigenen Vorteil ver-
kännten, wie den Plan Schleswig für Deutschland zu erobern, einen Plan,
*) Schoultz v. Ascheradens Berichte, 19. 28. Febr. 1848.