Object: Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Erster Band. (1)

5 124 (Nr. 5—7). 1. Abschnitt. Offene Handelsgesellschaft. 3. Titel. 389 
schafter zu schwören. Gegen diese Auffassung wendet sich aber mit Recht Gierke 
(Genossenschaftstheorie S. 598ff.). Er betont mit gutem Grund, daß die Eides- 
leistung selbst nur eine feierliche Bekundung der ahrheit sei, der Dispositivakt 
läge in der Annahme oder Zurückschiebung des Eides. emgemäßt haben richtiger 
Ansicht nach auch die von der Vertretung ausgeschlossenen Gesellschafter den Eid 
mit zu leisten, denn sie sind Mitträger der Parteirolle. So jetzt auch Düringer- 
Hachenburg § 124 Anm. 10. Die herrschende Ansicht führt zu dem unerfreulichen 
Resultat, daß der von der Vertretung aus sschlossene Gesellchaster weder den 
Parteieid noch den Veugeneld (S. 388 Anm. 1) leisten kann. Vgl. Jaeger in L.3. 
1910 S. 150 f. Ein Gesellschafter, der gegen die Gesellschaft klagt, ist natürlich 
von der Eidesleistung ausgeschlossen (Seuffert XIXXXVIII S. 73). Was vom 
Parteieid gilt, gilt auch vom Offenbarungsseid. 
6. Gerichtsstand. Der allgemeine Gerichtsstand der offenen Handelsgesellschaft Nr. 6. 
bestimmt sich nach Z. P.O. § 17. Da bei eingetragenen Gesellschaften aus dem 
Eintrag der Sitz erhellt, würde § 17 Abs. 1 Satz 2 nur für nicht eingetragene 
Gesellschaften von praktischer Bedeutung sein, für Zweigniederlassungen Z. P.O. § 21, 
die besonderen Gerichtsstände von 8.P.O. § 24ff. sind auch hier maßgebend 
(R.O. H. G. XII S. 216). Das Gericht des Sitzes ist auch zuständig für Klagen, die 
von der offenen Handelsgesellschaft gegen die Gesellschafter oder von diesen als 
solchen gegen einander erhoben werden (Z.P.O. § 22). 
7. Vellstrbang, Während bei der bürgerlichen Gesellschaft die Zwangs= Nr. 7. 
volstreckung in das Gesellschaftsvermögen auf Grund eines gegen sämtliche Gesell- 
schafter gerichteten vollstreckbaren Schuldtitels stattfindet, gleichg ltig, ob der Schuldtitel 
auf einer Gesellschaftsschuld oder einer sonstigen Gesamtschul sämtlicher Gesellschafter 
beruht (Z.P.O. § 736), findet eine Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen hier 
nur dann statt, wenn es sich um eine Gesellschaftsschuld, d. h. eine Schuld dieser 
Geselschest als solcher handelt. Demnach genügt es nicht, daß die sämtlichen 
Gesellschafter in solicuum haften, sofern die Haftung auf einer Privatschuld beruht 
— es würde die Gesellschaft, wenn Gegenstände ihres Vermögens gepfändet werden, 
aus § 771 3. P.O. Widerspruchsklage erheben (OL. Stuttgart im Rewt 1913 Nr. 99) — 
ebenso wenig, daß sie aus einer Gesellschaftsschuld haften, sofern es sich um die Schuld 
einer anderen Gesellschaft handelt, z. B. dieselben Gesellschafter zwei verschiedene 
Gesellschaften bilden. Die Gesellschaftsschuld kann eine von der Gesellschaft selbst 
kontrahierte oder eine von der Gesellschaft übernommene sein. Das letztere ist ins- 
besondere dann der Fall, wenn sich das Geschäft eines Einzelkaufmanns in eine 
offene Handelsgesellschaft verwandelt (vgl. bei § 28 Nr. 3). Hat demnach ein 
Gesellschafter bei der Auflösung das Geschäft Üübernommen und assoztiert er sich 
nachher mit einem andern, so würde die neue Gesellschaft Schuldnerin der von der 
alten Gesellschaft eingegangenen Verbindlichkeiten werden, soweit nicht aus § 28 
Abs. 2 das Gegenteil folgt. 
Es muß aber auch, was sehr auffällig ist (Gellwig Anspruch S. 270) und 
von den Anhängern der juristischen Persönlichkeit, vor allem Kohler verwertet wird, 
der Schuldtitel dich gegen die Geiellschast richten. Sind aus der Gesellschaftsschuld die 
einzelnen Gesellschafter, wenngleich sämtlich, belangt worden, so kann das urteil 
nur gegen sie als Einzelne, nicht gegen die Gesellschaft ergehen und ist Vollstreckung 
nur in das Privatvermögen der Gesellshafter zulässig, gegen das Gesellschaftsvermögen 
können die Gläubiger nur mittelbar aus §5 135 vorgehen. Demgemäß hat das Urteil oder 
der sonstige vollstreckbare Schuldtitel (Z. P.O. 794) die Gese schaftesirma anzugeben. 
Nichts steht im n daß außerdem die Namen der einzelnen Gesellschafter genannt 
werden (R.G.Z. XIII S. 97, vgl. auch Bolze l Nr. 1170). leichg lig ist im 
letzteren Falle daf die einzelnen Gesellschafter zwischen Urteil und Vollstreckung 
andere geworden sind, denn die Gesellschaft ist dieselbe geblieben (Eccius in Z. 
XXVII S. 13), ja selbst Anderung der Firma würde keine neue vollstreckbare Aus- 
fertigung notwendig machen, da die Gesellschaft dieselbe bliebe. — Das gegen einen 
einzelnen Gesellschafter wegen einer Ochaft chul- ergangene Urteil ist auch nicht 
präjudiziell für die Gesellshaft R. O. H. G. II S. 170), so wenig wie dadurch das 
Vorhandensein der Verbindlichkeit gegenüber einem Mitgesellschafter festgestellt wird. 
Über den entgegengesetzten Fall der Vollstreckung gegen einen Gesellschafter 
aus einem Schuldtitel gegen die Gesellschaft bei § 129 Nr. 6. 
  
  
  
 
	        
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