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Nah den Borfchriften deffelben foll der Hegel nach jedes taubflumme und jedes blinde
Kind aht Jahre lang der Anftalt angehören. Die Durdhflihrung diefes Grundjates
wird durch Strafen und Zwangsmittel gefichert, mit denen gegen Eltern oder Erzieher
vorgefchritten werden kann, welche ein vierfinniges Kind ohne genügenden Grund der
Anflolt vorenthalten. Der Eintritt in die Anitalt erfolgt nah dem Nachtrage vom
17. November 1886 (Reg.-Bl. ©. 279) ein Jahr um das andere zu Oftern für die-
jenigen Kinder, die bis zu den betreffenden Oftern mindeftens das jechste Lebensjahr
vollendet haben oder bis Ende April deffelben Jahres vollenden.
Die für die Aufnahme und den Unterhalt der Kinder in der Anftalt erforber-
lihen Leiftungen — Ausftattung, Pflegegeld u.f.w. — find von den Eltern oder den
fonfligen alimentationspflihtigen Verwandten und im Fall ihres Unvermögend von
den betreffenden Schulgemeinden aufzubringen. Wird die Gemeinde dadurch überlaftet,.
fo ift ein angemeffener Theil der Leiftung oder nach Umftänden die ganze Leiftung auf
die Staatslafle zu übernehmen.
Sig: Kaiferin Augufla-Straße Nr. 17.
Direltor.
Üriedrih Langlot -.
Tanbftnmmenlehrer.
Eduard Kuöfler. Carl Bedhftein. Ostar Prüfer.
Blindenlchrer.
Dürgerfchullehrer Carl Unrein. Ernft Wunder.
Rebenlehrer.
Kammermufifus Rudolph Branco für Violinunterriht. Wilhelm
Beltner für Korbflehten. Zaubftummentehrer Prüfer für Handfertig-
feitSunterriht. Schneider Gottihalg für Unterricht im Schneidern.
Lina Zeh für weibliche Handarbeit.
Nechnungsführer: Minifteriallaffirer, Nath Böhmel.
Allgemeine Waifenverforgungsanftalt zu Weimar.
Herzog Wilhelm Ernft gründete 1713 zu Weimar eine öffentliche Anftalt, um
verlafiene Waifen tn einem befonderen Haus aufzunehmen und ihnen Nahrung, Kleider,
Afege und religiöfe Erziehung zu gewähren. Sm Jahre 1715 murden die erften
12 Waifen darin aufgenommen; im Sch 1727 betrug die Bahl derfelben 19, im
Sabre 1774: 30, im Jahre 1783: 37. Privatvermäkhtmiffe vermehrten die Kräfte der
Anftaolt. Indeffen hatte die Erfahrung ergeben, daß die gögringe aus dem Wailen-
baus unbrauchbar flir Häusliche Seihäfte und oft fieh an Seele und Leib in die Welt
traten. Das Baijenhaus wurde daher 1784 geichloffen und eine neue, im Wejent-
lichen noch jettt beftehende Einrichtung, um melde fidy die am 18, Februar 1801 und
15.-November 1826 verftorbenren Oberkonfiftorialräthe Weber und Dr. Günther be-
fondere Berdienfte erworben haben, trat an die Stelle der früheren. Die Weimarifche
Anfalt bat fih auch auf den SJenaifhen Kreis (1811) und auf den Neuftädter Kreis
(1816) ausgedehnt.
Zu dem Waifeninftitut in Eifenah ITegte Herzog Johann Georg ben erften
Grund durh Erridtung eines Spinn- und Arbeitshaufes 1694 (welches 1715 an
40 Baifentinder enthielt) md eines ar befien Stelle ermeiterten Niaifenhaufes 1717
(eingeweiht am 18. Juli 1721). Diejes beftand bis 1784; von da an trat auch bort
zu gleihem Bwede diefelbe Einrichtung ein, wie bei dem Maifeninftitut zu Weimar.
Beide Anftalten wurden fodaın, um eine gleihmäßigere Benugung und Ber-
tbeilung der durch fie gebotenen Wohlthaten zu erreichen, als bejondere Anftalten auf-
gehoben, in eine Waifenverjorgungsanftalt für alle Theile des GroßherzogtHums durd)
tatut vom 14. November 1843 (Meg.-Bl. S. 159 ff.) veremigt und au auf die
jüdifhen Waifen ausgedehnt.