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Der Zwed der allgemeinen Waifenverjorgungsanftalt if, arme Wailen zu
frommen, fleißigen, geichidten und gefitteten Denfchen zu erziehen. Dan giebt die-
jelben in die Pflege und Zucht chriftlicher Hzamilien und läßt fie dort bei ihren
Pflegeeltern ober verwittweten Pflegemüttern gegen feftgefegte Berpflegungsgelber,
weldye vierteljährlich ausgezahlt werben, unterhalten, au an dem Unterricht in den
öffentlichen Schulen des Orts, ihrem fünftigen Berufe gemäß, Antheil nehmen. Zur
Aufnahme in die Anftalt eignen fi) geieglich mur Arne vater- oder elternloje
Kinder, welche nicht unter 6 Jahre alt fein dürfen. Zur Verpflegung von Wailen
werden nur PBerjonen von unbefcholtenem, tugendhaften Lebenswandel ausgewählt,
welche fi in mäßigem Wohlftand befinden, zu einer vernünftigen und religidjen Er-
ziehung geigidt find uub über biefe Eigenfchaften von ihrem Ortsgeiftlicien die
erforderlichen Zeugniffe beigebracht haben. Die Aufnahme der Söglinge geichieht
öffentliy und feierlich in der Kirhe. Ihre Wiederentlaffung erfolgt mit der Kon-
firmation. Aber au nad der Entlafjung werden aus der Kafle der Anftalt noch
Unterflügungen gewährt, bejonders den angehenden Handwerkern und den Mäpchen
und Knaben, welde in Dieuft treten. Die Aufficht über fänmtliche der Anftalt An-
gehörige im Lande, Über ihre Unterhaltung, Pflege und Zucht, fowie über den regel-
mäßigen Schulbefuh und ihr fonftiges Betragen führen die Ortsgeiftlihen und die
Superintendenten, welche letzteren jährlich Bericht zu erftatten haben, jomie das Land-
defanat und das Landrabbinat.
Die Haupteinnahme der Anftalt befteht außer den Binfen der ihr gehörigen
Kapitalien (dermalen im Betrag von 1904760 Wlarl), in einem jährlichen zul uß
aus der Staatslaffe (im dermaligen Betrage von 78000 Marfl). Die ganze SJahres-
einnahme betrug im Jahre: 1898: 160055 Mark 76 Pfennige. Davon wurden rımıd
2030 Zöglinge unterhalten.
Geichäftszimmer: im rotben Schloß, Marlt Nr. 15.
Direltorium: Dr. Spinner, Rirchenrath.
Kaffe und Expedition: Bernhard Oswald, Nendant.
Tür die Diener- und Botengefchäfte: Dlinifteriallanzleidiener Bräduer
und Minifteriallanzleibote Werner.
Bas Falkfche Infitut
für verlaffene oder verwahrlofte Kinder.
Es befteht neben der allgemeinen Waifenverforgungsanftalt als eine Erziehungs-
anftalt für verlaffene oder vermahrlofte Kinder, weldhe aus einem Privatunternehmen
des Legationsrathbs Johannes Daniel Tyall (geb. zu Danzig am 28. Oktober 1768,
get. zu Weimar am 14. ebruar 1826) hervorgegangen ift und zum Andenten bes
gründers den Namen „zaltiches YInftitut” beibehalten bat. Demfelben wurde ein
eigenes Haus mit Garten — Fallfiraße Nr. 31 — gewidmet und e# empfing zur
Berfolgung und Ermeiterung feines mo pahıgen Zmeds, welcher fih auf alle Theile
des Großherzogthums erftredt, im Jahre 1862 einen bedeutenden Beitrag von dem
Berein für Betlerung entlaffener Sträflinge durch Uebergabe feines Vermögens. So-
weit die eigenen Einnahmen zur Beftreitung der Ausgaben nicht ausreiden, erhält
die Anftalt Zufchiiffe aus den Kaffeliberichiiifen der allgemeinen Waifenverjorgungs-
anftalt. Das Pflegegeld, zu melden in Fall der Dirftigkeit die Gemeinden Beiträge
leiften, befteht jegt in 78 Mark jährlid. Die Zahl der Yüglinge beträgt 20.
Berwaltungsperfonal: mie bei der allgemeinen Waifenverforgungs-
anftalt. Außerdem noch: Lehrer und Hausverwalter Ehrijtian Baum-
bad, as.
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