Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.3. Das Staatsrecht der Freien und Hansestädte Hamburg, Lübeck, Bremen. (7)

10 Wolffson, Das Staatsrecht der freien und Hansestadt Hamburg. 83. 
Zweiter Abschnitt. 
–.. 
Bas heutige Recht nach der Verfassung vom 13. Gktober 1879 . 
§ 3. Träger der Staatsgewalt. Schon die Verfassung von 1860 hat den Unter- 
schied zwischen der städtischen und Landbevölkerung in Bezug auf die politische Be- 
rechtigung fast gänzlich aufgehoben. Noch weiter ist in Bezug auf diese Gleichstellung die 
geltende Verfassung gegangen, indem sie an Stelle des auch in der Verfassung von 1860 
noch erwähnten Stadt= und Landbürgerrechts ein einziges Staatsbürgerrecht 
(Art. 4) gesetzt hat. Nur in Bezug auf die Grundeigenthümerwahlen zur Bürgerschaft 
besteht noch eine Bevorzugung der Grundeigenthümer in Stadt, Vorstadt und Vororten. 
Auch haben die ländlichen Gemeinden ihre selbstständige Verfassung und ihre eigenen Ge- 
meindebehörden erhalten. Dagegen fällt auch jetzt noch die Verfassung und Verwaltung 
der Stadt mit der des Staates zusammen. Wie der Staat seinen Namen nach der Stadt 
führt, so ist die Staatsverfassung zugleich die Stadtverfassung, die jetzt den Titel „Senat“ 
führende Regierung des Staates zugleich der Magistrat der Stadt, die Bürgerschaft gleich- 
zeitig die Repräsentation der ganzen Bevölkerung des Staates und Stadtverordneten- 
Collegium. Die Stadt hat kein vom staatlichen unterschiedenes Eigenthum, keine zu rein 
städtischen Zwecken zu verwendenden Communal-, sondern nur Staatssteuern, überhaupt 
keine selbstständige Finanzverwaltung der staatlichen gegenüber, und die staatlichen Ver- 
waltungsbehörden verwalten auch die städtischen Angelegenheiten. 
Hinsichtlich des Erwerbes und Verlustes der Staatsangehörigkeit verweist 
die Verfassung ausschließlich auf die Reichsgesetzgebung. Das Bürgerrecht war früher 
nicht blos die Bedingung für Ausübung der politischen Rechte, sondern auch für Erwerb 
von Grundeigenthum, Betrieb eines selbstständigen Gewerbes und Abschluß einer Ehe. 
Durch das Gesetz betreffend den Erwerb von Grundeigenthum vom 20. März 1863) 
wurde der Erwerb von Grundeigenthum jedem der Angehörigen der deutschen Bundes- 
staaten gestattet, Nichtdeutschen nur mit Erlaubniß des Senats. Durch das Gesetz be- 
treffend die Staatsangehörigkeit und das Bürgerrecht vom 7. November 1864 5) wurde 
mit Einführung der Gewerbefreiheit und Freizligigkeit auch das Recht zur Betreibung 
eines selbstständigen Geschäftes und zur Schließung einer Ehe vom Bürgerrecht unab- 
hängig erklärt. Gleichzeitig wurde der, noch in der Verfassung von 1860 bestehende 
Unterschied zwischen Stadt= und Landbürgern aufgehoben. Von da an besteht also nur 
ein einziges Staatsbürgerrecht, das die Bedingung ist für die meisten Anstellungen im 
Staatsdienst, Zulassung zur Advokatur und zum Notariat, neuerdings überhaupt zu den 
juristischen Prüfungen und zum Vorbereitungsdienst, und zur Ausübung der staatspoliti- 
schen Rechte, namentlich des Wahlrechtes und der Wählbarkeit in die Bürgerschaft und 
der Wählbarkeit in den Senat und die Verwaltungs-Deputationen. Diesem Rechte cor- 
respondirt aber auch die Pflicht der Annahme der Wahl in den Senat, in die Bürger- 
schaft und in die Verwaltungs-Deputationen. Die Weigerung der Annahme zieht den 
Verlust des Bürgerrechtes, sowie der öffentlichen Aemter und Ehrenstellen nach sich ). 
1) Gesetzsammlung p. 353. Schulze, Lehrbuch des Deutschen Staatsrechts p. 498. 
2) Sammlung hamburgischer Verordnungen B. 31 p. 97. 
3) Sammlung hamburgischer Verordnungen B. 32 p. 150. 
4) Die Anwendung dieser Bestimmung auf Richter steht nicht im Widerspruch mit § 8 des 
Gerichtsverfassungsgesetzes, in so fern nur der Verlust des Amtes durch richterliche Entscheidung 
verfügt wird. Denn die in diesem § 8 in Bezug genommenen Gesetze sind sowohl Landes= wie 
Reichsgesetze, und der § 5 des Einführungsgesetzes zum Reichsstrafgesetzbuch gestattet ausdrücklich, 
 
	        
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