Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.3. Das Staatsrecht der Freien und Hansestädte Hamburg, Lübeck, Bremen. (7)

84. Der Senat. 13 
Ueberreichung des vollständigen Wahlaufsatzes, und wenn der Betreffende auf den engeren 
Wahlauffatz gebracht wird, auch der Bürgerschaft Mittheilung zu machen. 
Diese sehr complicirte Wahlart hat ersichtlich die Tendenz, Senat und Bürgerschaft hin- 
sichtlich des Einflusses auf die Wahl thunlichst gleich zu stellen. Dennoch wird dieser Zweck nur 
in mangelhafter Weise erreicht. Denkt man sich Senat und Bürgerschaft im entschiedenen Gegen- 
satz in Bezug auf die Wahl, und beharren die Vertrauensmänner beider Theile darauf, ihre 
Candidaten auf den Aufsatz zu bringen, so wird weder in den getrennten Sitzungen der beiden 
Commissionen eine absolute, noch in der gemeinschaftlichen eine relative Majorität zu erzielen sein, 
der Wahlaufsatz also gar nicht zu Stande kommen, ein Fall, der schon einmal vorgekommen ist. 
Ist man bereit, sich in den Commissionen gegenseitig gleichartige Concessionen zu machen, um 
zu einem Resultat zu gelangen, so würden solche gleichartige Concessionen dazu führen, daß die 
Vertrauensmänner der einen und der anderen Körperschaft je zwei Personen ihres Vertrauens 
auf den Wahlaufsatz bringen. Dann ist aber der Senat in der Lage, der Bürgerschaft nur die 
von seinen Commissarien Vorgeschlagenen unter Verwerfung der anderen zu präsentiren und die 
Bürgerschaft ist an den nur dem Senat genehmen engeren Wahlaufsatz gebunden. Vermieden 
könnte das nur werden, wenn es den bürgerschaftlichen Commissarien gelänge, drei Personen 
ihres Vertrauens auf den Aufsatz zu bringen. Dann aber muß der Senat auch einen von den 
bürgerschaftlichen Commissarien Vorgeschlagenen präsentiren und die Wahl der Bürgerschaft wird 
dann auf diesen fallen. Eine den Absichten der Verfassung entsprechende Wahl wird also nur 
dann zu Stande kommen, wenn in Bezug auf dieselbe die Majoritäten beider Körperschaften 
nicht in diametralem Gegensatz zu einander stehen. 
Die Wahl muß von dem Gewählten angenommen werden. Sie geschieht auf die 
Lebensdauer des Gewählten. Doch ist jedes Senatsmitglied nach sechsjähriger Amtsdauer 
oder nach vollendetem siebenzigsten Lebensjahr berechtigt, seine Entlassung zu fordern. 
Zum Austritt verpflichtet ist derjenige, hinsichtlich dessen späterhin einer derjenigen Um- 
stände eintritt, welche, wenn sie vor seiner Wahl vorgelägen hätten, dieselbe unzulässig 
gemacht haben würden, mit Ausnahme einer später eintretenden Verschwägerung; ferner 
derjenige, der wegen körperlicher oder geistiger Schwäche sein Amt gehörig zu verwalten 
nicht mehr im Stande ist. Die Entscheidung über die Versetzung in den Ruhestand steht 
dem Senat zu, wenn der Betreffende selbst darauf anträgt, anderenfalls erfolgt sie auf 
pflichtmäßigen Antrag des Senats durch Beschluß von Senat und Bürgerschaft. Die 
Verfassung bestimmt über das Ruhegehalt der nach gewisser Amtsdauer oder in gewissem 
Alter freiwillig oder in Folge ihres Gesundheitszustandes nothgedrungen austretenden 
Mitglieder. Ist gegen ein Senatsmitglied eine öffentliche Klage erhoben, so bestimmt der 
Senat, ob dasselbe bis zur Entsetzung von seinem Amte zu suspendiren ist. Eine erledigte 
Stelle im Senat ist in der Regel innerhalb 14 Tage wieder zu besetzen. 
Den Vorsitz im Senat führt das zum ersten, und bei seiner Verhinderung das zum 
zweiten Bürgermeister gewählte Senatsmitglied. Die Wahl derselben geschieht durch 
den Senat in geheimer Abstimmung auf die Dauer eines Jahres und zwar in der Regel 
für ein Kalenderjahr. Kein Bürgermeister darf länger als zwei Jahre nacheinander als 
solcher fungiren, eine spätere Wiederwahl ist gestattet. Dem Senat sind zwei Syndici 
und vier Secretaire beigegeben, von welchen letzteren einer die Stelle eines Archivars be- 
kleidet. Syndici und Seeretaire haben, wiewohl sie den Senatssitzungen beiwohnen, kein 
Stimmrecht (sie sind de senatu im Gegensatz zu den Senatsmitgliedern, die in senatu 
sind). Ein in Aussicht gestelltes Gesetz über ihre Amtsthätigkeit ist bis jetzt nicht erlassen. 
Die Geschäftsvertheilung unter die Mitglieder des Senates, die Syndici 
und Secretaire geschieht alljährlich durch eine Commission von fünf Mitgliedern. Ueber 
Einwendungen gegen die Beschlüsse dieser Commission entscheidet der Senat. Die Ver- 
theilung der Aemter wird, wie die Wahl der Bürgermeister, alljährlich vor Beginn 
des Kalenderjahres publicirt. Die Uebertragung der nicht in dieser Weise vertheilten Ge- 
schäfte, so wie der Relationen an einzelne Mitglieder in oder de senatu geschieht durch 
Aufsatz bringen darf. — Dennoch ist dieser Fall einmal vorgekommen und weder vom Senate noch 
von der Bürgerschaft beanstandet worden.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.