16 Wolffson, Das Staatsrecht der freien und Hansestadt Hamburg. 85.
8 5. Die Bürgerschaft'). Die Bürgerschaft besteht aus 160 in drei Kate—
gorien gewählten Mitgliedern. In allen Kategorien sind nur Bürger, welche das 25.
Lebensjahr vollendet haben und zur Einkommensteuer, welche einen Erwerb von mindestens
M. 600 voraussetzt, herangezogen sind, wahlberechtigt. — Ausgeschlossen vom Wahlrecht
sind außer denen, bei welchen die vorstehend bezeichneten Bedingungen nicht zutreffen,
diejenigen, welche mit ihrer Einkommensteuer zur Zeit der Ausschreibung der Wahlen im
Rückstande oder entmündigt oder im Konkurse gewesen und nicht von allen Ansprüchen
ihrer Gläubiger entfreit sind, oder diejenigen, welchen die bürgerlichen Ehrenrechte ab-
erkannt sind, während der Dauer des dafür bestimmten Zeitraumes, und endlich diejenigen,
welche sich in Straf= oder Untersuchungshaft befinden. — Alle Mitglieder der Bürger-
schaft werden durch direkte Wahl mit geheimer Stimmabgabe gewählt. —
Von den 160 Mitgliedern der Bürgerschaft gehen achtzig aus allgemeinen
Wahlen hervor. An diesen allgemeinen Wahlen, welche in 40 Wahlbezirken, in die
das ganze Staatsgebiet eingetheilt ist, vollzogen werden, so, daß in der Regel jeder Wahl-
bezirk zwei Abgeordnete wählt, nehmen alle nach dem Vorstehenden wahlberechtigten
Bürger Theil. — Die zweite Kategorie bilden 40 Bürgerschaftsmitglieder, welche von
allen Wahlberechtigten, die ausweise der öffentlichen Hypothekbücher (Grundbücher) Eigen-
thümer eines in der Stadt, oder der Vorstadt, oder den Vororten belegenen Grund-
stückes sind, gewählt werden. Behufs Vornahme dieser Grundeigenthümerwahlen sind
die bezeichneten Gebietstheile in 20 Wahlbezirke eingetheilt, deren jeder zwei Abge-
ordnete wählt. — An den Wahlen der dritten, gleichfalls aus 40 Mitgliedern bestehenden
Kategorie nehmen diejenigen Bürger Theil, welche Richter, Handelsrichter,
Mitglieder der Vormundschaftsbehörde, bürgerliche Mitglieder
der Verwaltungsbehörden, Mitglieder der Handels= und der Ge-
werbekammer sind oder gewesen sind. Sämmtliche Wahlberechtigte dieser Kate-
bilden einen Wahlkörper. Die Berechtigung zur Theilnahme an der Wahl in der einen
Kategorie schließt nicht von der Berechtigung in einer anderen aus. Doch darf jeder
Wähler in jeder Kategorie nur einmal wählen. —
Wählbar zur Bürgerschaft ist jeder Wahlberechtigte, der das dreißigste Lebens-
jahr vollendet und seit mindestens drei Jahren seinen Wohnsitz oder Geschäftsbetrieb im
hamburgischen Staate hat. Ausgeschlossen von der Wählbarkeit sind die Mitglieder des
Senats, die besoldeten öffentlichen Angestellten, deren ausschließlicher Geschäftsberuf in
ihrer Amtsthätigkeit besteht, mit Ausnahme der Richter und der Geistlichen aller Con-
fessionen ) — Ein Mitglied der Bürgerschaft, bei dem die Bedingungen der Wählbarkeit
wegsallen, ist zum Austritt genöthigt. —
Die Mitglieder der Bürgerschaft werden auf sechs Jahre gewählt. — Alle drei
Jahre tritt die Hälfte der von jeder der drei Kategorien Gewählten nach einem, alsbald
nach dem Zusammentritt der ersten, unter der jetzigen Verfassung gewählten Bürgerschaft
durch das Loos bestimmten Turnus zwischen je zwei Abtheilungen jeder Kategorie aus. —
Die Bürgerschaft kann weder durch den Senat aufgelöst werden, noch kann sie selbst ihre
Auflösung, selbst nicht unter Zustimmung des Senats in der Form der Gesetzgebung be-
schließen. Vielmehr würde eine Auflösung nur in der Form der Verfassungsveränderung
herbeigeführt werden können, wie es bei der letzten Verfassungsrevision der Fall war. —
Spätestens sechs Wochen vor jeder halbschichtigen Erneuerung der Bürgerschaft ordnet
der Senat die Wahlen so an, daß sie vor dem Erneuerungstermin vollendet sein können. —
1) Verfassung, dritter Abschnitt. Wahlgesetz vom 19. Juni 1880, Gesetzsammlung p. 4. —
Geschäftsordnung der Bürgerschaft vom 23. März 1881, Gesetzsammlung p. 121.
2) Die im Art. 36 der Verfassung gleichfalls ausgenommenen „Professoren des Gymnasiums“
kommen nicht mehr in Betracht, nachdem das akademische Gymnasium aufgehoben ist.