Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.3. Das Staatsrecht der Freien und Hansestädte Hamburg, Lübeck, Bremen. (7)

8 6. Die Gesetzgebung. 21 
des Senates oder der Behörden wegen Verletzung der Verfassung oder von Gesetzen, 
(also namentlich auch, wenn es in Frage steht, ob der Senat oder eine Behörde oder 
einzelne Mitglieder des Senats oder einer Behörde wegen Ueberschreitung ihrer Amtsbe- 
fugnisse verantwortlich zu machen sind) auf Verlangen des einen oder andern Theiles die 
Entscheidung des Reichsgerichtes angerufen werden ), während in andern Fällen, wenn nach 
Ansicht beider Theile die Entscheidung ohne wesentlichen Nachtheil für das Gemeinwesen 
nicht ausgesetzt werden kann, und nur über die Modalität ein Dissens besteht, der Streit- 
punkt durch eine Entscheidungs-Deputation erledigt werden soll. Doch ist diese Erledi- 
gung durch eine Entscheidungs-Deputation immer ausgeschlossen, wenn es sich um eine 
Abänderung der Verfassung oder solcher gesetzlichen Bestimmungen handelt, durch welche 
Rechte des Senats oder der Bürgerschaft festgestellt find. Wenn der Dissens die Prolon-= 
gation oder Erneuerung eines nur auf bestimmte Zeit bewilligten Gesetzes, also auch zeit- 
weilige Bewilligung einer Steuer betrifft, und vor Ablauf dieser Zeit die Einsetzung einer 
Entscheidungs-Deputation beschlossen ist, so gilt das Gesetz als bis zur Entscheidung pro- 
longirt. 
Zweifel darüber, ob die Voraussetzungen einer Entscheidung durch das Reichsge- 
richt oder durch die Entscheidungs-Deputation vorliegen, werden im Vorwege von Er- 
sterem entschieden. 
Die Entscheidungs-Deputation besteht, wenn nicht anders beschlossen wird, aus acht 
Mitgliedern des Senates, welche durch das Loos bestimmt sind, und aus acht Mit- 
gliedern der Bürgerschaft, welche je in einer von acht durch das Loos aus den An- 
wesenden gebildeten Abtheilungen mit absoluter Mehrheit gewählt sind. Die Bildung der 
Deputation, sowie die Beeidigung der Mitglieder darauf, daß sie nur im Interesse des 
Gemeinwesens abstimmen und Verschwiegenheit über die Vorgänge in der Deputation be- 
wahren wollen, erfolgt in gemeinschaftlicher Sitzung des Senates und der Bürgerschaft. 
Die Deputation hat innerhalb 14 Tagen nach ihrer Einsetzung ihren Beschluß zu fassen. 
Daß sie sich dem Beschlusse der einen oder anderen Körperschaft anzuschließen hat, schreibt 
die Verfassung nicht vor. Es ist also auch nicht ausgeschlossen, daß sie sich über eine 
andere Modalität, als die von der einen oder anderen in's Auge gefaßte, verständigt. 
Ihren Beschluß hat sie mit der Unterschrift aller Mitglieder versehen, in einem Exemplar 
dem Präsidenten des Senats und in einem andern dem der Bürgerschaft mitzutheilen. 
Findet aber in der Entscheidungs-Deputation Stimmengleichheit statt und läßt sich kein 
Majoritätsbeschluß erzielen, so wird durch das Loos aus sämmtlichen Senats= und bür- 
gerschaftlichen Mitgliedern eine Subdeputation von fünf Mitgliedern gebildet, welche durch 
Mehrheit endgültig über diejenigen Punkte entscheidet, über welche in der Deputation 
Stimmengleichheit stattfand. Der Beschluß der Deputation und eventuell der Subdepu- 
tation hat die Kraft und Gültigkeit eines übereinstimmenden Beschlusses von Senat und 
Bürgerschaft. Sowohl die Funktion eines Mitgliedes der Deputation, als der Subdepu- 
tation muß von dem Gewählten angenommen werden. Die Deputation ist nur bei An- 
wesenheit aller Mitglieder beschlußfähig. Jedes Mitglied ist zum Erscheinen verpflichtet, 
wenn nicht Verhinderungsgründe vorliegen, über deren Triftigkeit die Deputation entschei- 
det, keines darf sich der Abstimmung enthalten. Unberechtigtes Fortbleiben oder Enthal- 
tung der Abstimmung würden demnach wie Nichtannahme der Wahl zu behandeln sein. 
Kein Mitglied der Deputation kann für seine Abstimmung oder für den Beschluß der De- 
putation verantwortlich gemacht werden. — Weder unter der Herrschaft der Verfassung von 
1860, noch der jetzt geltenden ist es zu einer derartigen Entscheidung durch das dazu be- 
rufene Gericht (früher das Oberappellationsgericht zu Lübeck) noch zu einer Entscheidungs- 
  
1) S. Reichsgesetz betreffend die Zuständigkeit u, s. w. vom 14. März 1881. R.G. Bl. p. 37.
	        
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