26 Wolffson, Das Staatsrecht der freien und Hansestadt Hamburg. 89.
setzlich vorgeschrieben ist, gelten, wenn die zuständige Behörde sie ordnungsmäßig festge-
stellt hat, auch für die richterliche Beurtheilung als feststehend. Die Anstellung der Klage
hindert die Behörde nicht an vorläufiger Ausführung ihrer Verfügungen, die auch vom
Richter vor rechtskräftiger Entscheidung nicht inhibirt werden kann. Was die verklagte
Behörde dem Kläger zu ersetzen hat, ist ihm aus der Staatskasse zu bezahlen, vorbe-
hältlich des Regresses der letzteren an denjenigen, durch dessen Verschulden die Be-
hörde ersatzpflichtig geworden ist. Glaubt sich Jemand durch ein einzelnes Mitglied einer
Behörde oder einen Beamten bei Ausführung des Amtes verletzt, so hat er zunächst die
Behörde zu fragen, ob sie den Einzelnen vertreten will, wozu sie verflichtet ist, wenn der-
selbe nach ihrer Instruktion verfahren hat, und darf im Bejahungsfalle die Klage nur
gegen die Behörde gerichtet werden. In wie weit die Staatskasse andernfalls für den
verurtheilten Beamten haftet, darüber ist nach allgemeinen Grundsätzen und den Umständen
des einzelnen Falles zu entscheiden.
Streitigkeiten über rein öffentliche, nach staatsrechtlichen Grundsätzen zu entscheidende
Verhältnisse gehören nicht vor die Gerichte, auch nicht die Frage, ob Jemandem staats-
bürgerliche Rechte zustehen. Insofern nicht in einzelnen Fällen, z. B. in Bezug auf das
Wahlrecht zur Bürgerschaft, ein besonderes Reklamationsverfahren vorgeschrieben ist, steht
dem Betreffenden die Beschwerde an den Senat oder an den Bürgerausschuß zu.
Die Beamten werden theils vom Senat auf Vorschlag der betreffenden Verwal-
tungsbehörde oder direkt, oder von den Verwaltungsbehörden selbst definitiv oder unter
Vorbehalt der Bestätigung durch den Senat gewählt. Mit Ausnahme der Unterrichts-
verwaltung besteht für keinen Verwaltungszweig ein gesetzlich geordneter Vorbereitungs-
dienst, oder eine Prüfung. Für höhere Stellungen fordert das Gesetz häufig die Quali-
fikation eines Rechtsgelehrten. Aber auch in diesen Fällen ist es, wenn es nicht aus-
drücklich vorgeschrieben ist, nicht erforderlich, daß der Beamte die gesetzliche Befähigung
zum Richteramt besitzt. Die meisten, nicht der Schulverwaltung angehörigen Beamten
sind auf sechsmonatliche Kündigung angestellt. Doch gilt als fester Grundsatz, daß von
diesem Kündigungsrecht nur Gebrauch gemacht wird, wenn der Beamte durch sein Ver-
halten Veranlassung dazu gegeben hat, so daß die Kündigungsbefugniß im Wesentlichen
nur ein Surrogat für ein noch fehlendes Disciplinargesetz ist!).
Die Disciplinargewalt steht den Deputationen, zu deren Ressort der betreffende Be-
amte gehört, oder bei denjenigen Ressorts, an deren Spitze keine Deputation steht, dem
Chef der betreffenden Verwaltung zu?). Die Recursinstanz bildet der Senat. In Er-
mangelung eines Pensionsgesetzes für nicht dem Schulfach angehörige Beamte bedarf die
Bewilligung jeder Pension, insofern sie nicht durch contraktliche Bestimmung bei der An-
stellung gesichert ist, eines gemeinschaftlichen Beschlusses von Senat und Bürgerschaft, wo-
bei jedoch angenommen wird, daß der wegen Alters oder Krankheit nach mindestens zehn-
jähriger Dienstzeit entlassene Beamte einen Rechtsanspruch auf eine angemessene, im ein-
zelnen Fall zu bestimmende Pension hat 3).
1I1) S. Bürgerschaftl. Ausschußfberichte von 1876 N. 19. S. Verhandl. zwischen Senat und
Bürgerschaft von 1861 p. 173. 192 u. 1868 p. 31. 145, 1877 p. 260, 1880 p. 214. Ausnahms-
weise haben auch dann Kündigungen von Beamten Statt gefunden, wenn eine veränderte Organi-
sation der Behörden die Thätigkeit derselben entbehrlich gemacht hat. — Doch ist in diesen Fällen
auf dem Wege der Gesetzgebung meistens für eine, wenn auch nicht vollständig ausreichende Ent-
schädigung Sorge getragen worden.
2) Hauptreceß Art. 8. Unionsreceß des Senats Art. 17.
3) Für die Wittwen und Waisen der Beamten besteht eine staatliche Pensionskasse, die durch
regelmäßige Beiträge der Beamten unterhalten wird. — Zur Zeit wird zwischen Senat und Bür-
gerschaft über ein Disciplinar= und Pensionsgesetz verhandelt. (Während des Druckes haben diese
Verhandlungen zu einer Einigung geführt. Das Disciplinar= und Pensionsgesetz für die nicht
richterlichen Beamten vom 7. Januar 1884 beseitigt die Kündigungsclausel und regulirt die Pen-
fionsberechtigung der Beamten.)