Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.3. Das Staatsrecht der Freien und Hansestädte Hamburg, Lübeck, Bremen. (7)

82. Staatsgebiet und Bevölkerung. 43 
8 2. Staatsgebiet und Bevölkerung. Auf Grund des mit Preußen am 18. August 
1866 abgeschlossenen Bündnißvertrages gehörte „die freie und Hansestadt Lübeck“!) dem 
Norddeutschen Bunde an?). Sie ist jetzt ein Glied des deutschen Reiches?). Sie ist wie 
die übrigen Bundesstaaten politisch unabhängig und hat volle Selbstständigkeit, soweit nicht 
durch die Reichsverfassung der Reichsgesetzgebung ein Einfluß gewährleistet ist. 
Das Gebiet des Freistaates besteht aus neun gesonderten Theilen. In dem 
Haupttheile liegt die Stadt Lübeck. Die Größe des Ganzen beträgt 5¼ Quadratmeilen. 
Die Zahl der Bewohner belief sich bei der letzten Volkszählung am 1. December 1880 
auf 63.571, und zwar hatte die Stadt Lübeck mit Einschluß der Vorstädte 51 055 Ein- 
wohner, das Städtchen Travemünde und das Landgebiet (49 Landgemeinden) 12 516 Ein- 
wohner. 
Nach Maßgabe des Reichsgesetzes vom 1. Juni 1870 wird die lübeckische Staats- 
angehörigkeit erworben, beziehungsweise verloren ). Neben der bloßen Staatsan- 
gehörigkeit giebt es jedoch noch ein besonderes lübeckisches Bürgerrecht?). Die Ge- 
winnung desselben war früher die nothwendige Vorbedingung für die Berechtigung zum 
Gewerbebetriebe und ferner Voraussetzung für die Verstattung der Proclamation behufs 
der Verheirathung. Gegenwärtig sind indessen mit dem Bürgerrechte nur politische Rechte 
verbunden: es verleiht das Recht, in die Vertretung der Bürger, genannt die Bürger- 
schaft, zu wählen und gewählt zu werden und an der Staatsverwaltung theilzunehmen. 
Um die Verleihung des Bürgerrechtes kann jeder volljährige männliche Angehörige des 
lübeckischen Staates, sofern er unbescholten ist, nachsuchen. Eine Verpflichtung, dasselbe 
zu erwerben, besteht allein für die auf Lebenszeit erwählten Staatsbeamten ") und für die 
Notare?). Die Handelskammer nimmt indessen nur Bürger zu Mitgliedern der lübeckischen 
Kaufmannschaft auf?), ebenso sind nur Bürger zu Mitgliedern der Gewerbekammer wähl- 
bar ?). Erlangt wird das Bürgerrecht durch Ableistung des Staatsbürgereides 10) in der 
Versammlung des Senates. Durch den Eid wird der freien Hansestadt Lübeck und dem 
Senate Treue und Gehorsam gelobt und versprochen, die Verfassung des Staates unver- 
brüchlich zu halten, das Beste desselben zu befördern, allen Schaden und Nachtheil von 
ihm abzuwenden und alle dem Bürger obliegenden Pflichten getreulich zu erfüllen. 
  
1) Dieser Titel ist für den Staat im Fahre 1806 an Stelle der bisher üblichen Benennung: 
Kaiserliche freie Reichsstadt angenommen worden. 
2) Lüb. Verordn., 1866, S. 58 ff. 
3) Verf. Art. 1. 
4) Verf. Art. 2. 
5) Gesetz, das Lüb. Staatsbürgerrecht betr., v. 28. Nov. 1870. (Lüb. Verordn. 1870 S. 330.) 
6) Gesetz, die Rechtsverhältnisse der Beamten betr., v. 24. Sept. 1879 § 10. (Lüb. Ver- 
ordn. 1879 S. 221.) 
7) Notariats-Ordnung v. 10. Oct. 1838 § 4, (ebd. 8 (1836—1838) S. 131). 
B Revidirte Lüb. Kaufmanns-Ordnung v. 28. Jan. 1867 (Lüb. Verordn. 1867 S. 5.) 
9) Ordnung für die Lüb. Gewerbekammer v. 17. Sept. 1877 (ebd. 1877 S. 54.) 
10) Verf. Art. 3. 
 
	        
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