Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.3. Das Staatsrecht der Freien und Hansestädte Hamburg, Lübeck, Bremen. (7)

44 Klügmann, Das Staatsrecht der freien und Hansestadt Lübeck. 83. 
Zweiter Abschnitt. 
Bie staatlichen Grgane und Tunctionen. 
§ 3. Träger der Staatsgewalt. Senat und Bürgerschaft. I. Allgemeine Grundsätze. 
Die Verfassung des lübeckischen Staates ist in ihrer gegenwärtigen Gestalt durchaus 
das Produkt der geschichtlichen Entwickelung der lübeckischen Verhältnisse. 
Es sind nicht von außen Grundsätze in sie hineingetragen, welche dem, was historisch ge- 
worden war, widerstritten, und die gegebenen Grundlagen der Verfassung wurden nicht in Ver- 
folgung unfruchtbarer Theorien verschoben. Die Verfassung hat freilich ihre jetzige Form unter 
dem Einflusse, den die allgemeinen Ideen des 19. Jahrhunderts ausübten, erhalten; die Umge- 
staltung ist aber geschehen unter steter Berücksichtigung des bereits Vorhandenen und indem nur 
die Zustände beseitigt wurden, welche, da auch das Leben ein anderes geworden, veraltet waren. 
Die Verfassung ist republikanisch. Sie hat das Gepräge einer Demokratie, die aus 
aristokratischen Traditionen hervorgewachsen ist. Als Träger der Staatsgewalt erscheinen 
zwei Körperschaften, der Senat und die Bürgerschaft ). Sie üben dieselbe gemeinschaftlich 
aus. Die Theilnahme der Bürgerschaft an der höchsten Gewalt ist jedoch im Einzelnen 
umschrieben; eine Mitwirkung steht ihr nur zu, soweit sie ihr durch die Verfassung aus- 
drücklich vorbehalten ist. 
II. Der Senat?) allein vertritt den Staat in seinen auswärtigen Beziehungen 
Im Innern übt er ausschließlich die vollziehende Gewalt, die gesetzgebende theilt er 
mit der Bürgerschaft. Er hat ferner die oberbischöflichen Rechte über die evan- 
gelisch-lutherische Kirche des Staates, über die übrigen religiösen Gemeinden übt er die 
Oberaufsicht. Er ernennt und beeidigt den größten Theil der Staatsbeamten, insbeson- 
dere wählt er allein die beiden Senatssekretäre und den Staatsarchivar ), welche letztere 
Beamte des Senates sind. Außerdem hat der Senat das Begnadigungsrecht, und es ist 
ihm überhaupt die Leitung aller Staatsangelegenheiten anvertraut, sofern nicht durch die 
Verfassung ausdrücklich der Bürgerschaft, beziehungsweise dem Bürgerausschusse, eine 
Mitwirkung oder Zustimmung vorbehalten ist. Ebenso werden die Gemeindeangelegenheiten 
der Stadt Lübeck unter Mitwirkung oder Zustimmung der beiden soeben erwähnten Kör- 
perschaften vom Senate wahrgenommen ). 
Der Senat besteht aus vierzehn Mitgliedern ). Wählbar ist jeder lübeckische Bür- 
ger, welcher zum Mitgliede der Bürgerschaft wählbar ist und welcher das dreißigste Lebens- 
jahr vollendet hat“). In der Verfassung ist jedoch vorgesehen, daß dem Senate stets 
eine genügende Zahl juristisch gebildeter Kräfte zur Verfügung steht, und ferner, daß der 
wichtigste Stand des Gemeinwesens, der Handelsstand, zu jeder Zeit in dem höchsten 
Staatskörper gebührend vertreten ist. Die Verfassung ordnet an, daß unter den acht Mit- 
gliedern des Senates, welche dem Gelehrtenstande angehören, sich immer mindestens sechs 
Rechtsgelehrte befinden müssen, und daß von den sechs übrigen Mitgliedern, welche nicht 
aus dem Gelehrtenstande hervorgegangen sein dürfen, wenigstens fünf Kaufleute sind ?, 
1) Verf. Art. 4. 
2) Die offizielle Benennung des Senats ist: Hoher Senat. 
3) Verf. Art. 17. 
4) Verf. Art. 18. 
5) Verf. Art. 5. 
6) Verf. Art. 6. 
7) Verf. Art. 5.
	        
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