Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.3. Das Staatsrecht der Freien und Hansestädte Hamburg, Lübeck, Bremen. (7)

48 Klügmann, Das Staatsrecht der freien und Hansestadt Lübeck. 84. 
Der Geschäftsgang bei den Berathungen der Bürgerschaft ist durch die Verfassung!) 
und im Einzelnen durch die Geschäftsordnung, welche die Bürgerschaft sich nach dem ihr 
verfassungsmäßig zustehenden Rechte?) gegeben hat, bestimmt. Er unterscheidet sich nicht 
wesentlich, wenn man davon absieht, daß für die Behandlung der Vorlagen des Senates 
ein besonderes Verfahren Platz greift ), von dem anderer parlamentarischer Körperschaften; 
zu bemerken ist jedoch, daß eine namentliche Abstimmung nur vorgenommen wird, wenn 
mindestens zwanzig Mitglieder der Versammlung vor Schluß der Debatte einen darauf be- 
züglichen Antrag gestellt haben. 
Die Gesetzgebung und die Verwaltung des Staatsvermögens sind die Gebiete, auf 
denen die Bürgerschaft, und zwar mit dem Rechte der Initiative, thätig ist"). Sie hat 
ferner das Recht, über alle Staatsangelegenheiten von dem Senate Auskunft zu begehren. 
Letzterer ist jedoch nicht verbunden, dem Ansuchen zu entsprechen, wenn es sich um noch 
schwebende Verhandlungen, über Reichs= und auswärtige Angelegenheiten handelt. Die Ge- 
genstände, über welche der Senat aufgefordert wird, sich zu äußern, müssen ihm schrift- 
lich bekannt gegeben werden. Es steht dann in seinem Ermessen, ob er die Auskunft 
schriftlich oder durch Commissare mündlich ertheilen will?). 
§ 4. Bürgerausschuß und Commissionen. Als repräsentatives Organ der Bürger- 
schaft besteht der Bürgerausschuß. Er ist aus dreißig Mitgliedern zusammenge- 
setzt, welche die Bürgerschaft aus ihrer Mitte auf zwei Jahre nach Stimmenmehrheit er- 
wählt. Der Wortführer der Bürgerschaft und dessen Stellvertreter sind von der Wahl 
ausgeschlossen. Dieselbe abzulehnen ist nicht zulässig ). In der Regel scheiden jährlich 
am dritten Montage des Julimonats fünfzehn Mitglieder des Bürgerausschusses aus und 
werden, indem sie selbst erst nach Ablauf eines Jahres wieder wählbar sind, in der an 
jenem Tage verfassungsmäßig stattfindenden Versammlung der Bürgerschaft durch Neu- 
wahlen ersetzt. Der Bürgerausschuß darf indessen immer 0 Hälfte aus Neuge- 
wählten bestehen, und einzelne Mitglieder gehören deshalb demselben länger als zwei 
Jahre an, doch niemals über drei Jahre, wenn Sterbefälle oder andere Ursachen den 
regelmäßigen Wechsel stören?). 
Den Vorsitz im Bürgerausschusse hat der Wortführer, der ebenso wie seine beiden 
Stellvertreter auf ein Jahr gewählt wird und verpflichtet ist, der Wahl Folge zu leisten. 
Er darf diese erst ablehnen, wenn er nach Ablauf des Jahres abermals zum Wortführer 
berufen wird. Delegirt ihn jedoch die Bürgerschaft, nachdem er eine Zeit lang nicht Mit- 
glied des Bürgerausschusses war, wiederum in den letzteren und fällt die Wahl zum Wort- 
führer wiederum auf ihn, so muß er dieselbe annehmen 3). Der vom Bürgerausschusse 
auf fünf Jahre gewählte Protokollführer empfängt ebenso wie der der Bürgerschaft aus 
der Staatskasse eine Besoldung ?). Beide Aemter dürfen jedoch nicht in einer Hand ver- 
einigt sein. 
Der Bürgerausschuß hat wie die Bürgerschaft das Selbstversammlungsrecht. Er 
hält seine Sitzungen regelmäßig alle vierzehn Tage mit Ausnahme des Monats August 
auf dem Rathhause zur Zeit der Versammlungen des Senates. Unter besonderen Um- 
ständen kann dieser den Bürgerausschuß auch zu einer anderen Zeit durch den Wortführer 
berufen lassen, und ebenso der letztere, so oft es ihm nothwendig erscheint. Er ist dazu 
1) Vgl. Verf. Art. 43. 
2) Verf. Art. 48. 
3) Vgl. S. 51. 
4) Vgl. S. 52. 
5) Verf. Art. 45. 
6) Verf. Art. 53. 
7) Verf. Art. 54. 
8) Verf. Art. 55. 
9) Verf. Art. 56.
	        
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