84. Bürgerausschuß und Commissionen. 49
verpflichtet, wenn sechs Mitglieder des Bürgerausschusses unter schriftlicher Angabe des
Zweckes einen diesbezüglichen Antrag stellen 7.
Zur Beschlußfähigkeit des Bürgerausschusses ist die Anwesenheit von mindestens
zwei Drittheilen seiner sämmtlichen Mitglieder -erforderlich:). Er beschließt dann nach ein-
facher Stimmenmehrheit. Von seinen Berathunzen ist die Oeffentlichkeit ausgeschlossen.
Die Festsetzung des Geschäftsganges bei denselben ist dem Bürgerausschusse selbst über-
lassen3), sofern nur den Bestimmungen der Verfassung über die Behandlung der Anträge
des Senates ) Genüge geleistet wird.
Der Bürgerausschuß übt Namens der Bürgerschaft einen Theil der der letzteren zu-
stehenden R echte und ist für sämmtliche Vorlagen des Senates an die Bürgerschaft die vor-
berathinde Instanz ?). Er übermittelt ferner die Anträge und Vorschläge, welche ent-
weder er selbst oder die Bürgerschaft in Anregung brachte, dem Senate ), und erwählt
die Mitglieder der Geheimcommissionen, die bürgerschaftlichen Theilnehmer an gemein-
samen Commissionen des Senates und der Bürgerschaft, sowie die Deputirten bei den-
jenigen Verwaltungsbehörden, für welche der Bürgerschaft oder dem Bürgerausschusse
das Ernennungsrecht eingeräumt ist. Für die Wahl von bürgerlichen Deputirten bei
den übrigen Verwaltungsbehörden hat er dem Senate Vorschläge entgegenzubringen?.
Da Verhältnisse eintreten können, welche die vollständige Geheimhaltung eines für
den Staat wichtigen Gegenstandes, über welchen Senat und Bürgerschaft einen gemein-
samen Beschluß zu fassen haben, nothwendig machen, so ist in der Verfassung vorgesehen,
daß den besonderen Umständen Rechnung getragen wird. Sie bestimmt, daß in dem Falle,
wo die beiden höchsten Staatskörper der übereinstimmenden Ansicht sind, daß eine Ange-
legenheit, um sie geheim zu halten, ebenso wenig zur Verhandlung mit dem Bürgeraus-
schuß als mit der Bürgerschaft geeignet sei, ein außerordentlicher Ausschuß der Bürger-
schaft, eine Geheimcommission, eingesetzt wird's). Eine solche Commission, deren
Mitgliederzahl von der Bürgerschaft bestimmt wird, übt dann in dem gerade vorliegenden
Falle die der Bürgerschaft, sowie dem Bürgerausschusse zustehenden Rechte aus, sofern
sie nicht eine beschränkte Vollmacht empfangen hat, und es sind die von ihr mit Stimmen-
mehrheit ihrer sämmtlichen Mitglieder gefaßten N für die Bürgerschaft verbindlich.
Hat z. B. die Geheimcommissiôn die Instruction ds mit dem Abschlusse eines Vertrages
Beauftragten genehmigt, so darf die Bürgerschaft LTäter ihre Zustimmung zu dem Ver-
trage nur noch versagen, wenn die Commsssston Kre Befugnisse überschritten hat oder
wenn der Vertrag nicht der ertheilten Instruction Wmräß abgeschlossen ist.
Es besteht ferner die Möglichkeit, daß sich zwischen Senat und Bürgerschaft in ihrer
gemeinschaftlichen Thätigkeit eine beharrliche Meinungsverschiedenheit geltend macht. Die
Verfassung giebt deshalb auch die Mittel an die Hand, wie eine solche auszugleichen ist.
Das Verfahren ist je nach der Ursache, welche die Divergenz der Ansichten hat, verschie-
den. Handelt es sich um die authentische Auslegung bestehender Gesetze, sind insbesondere
Bestimmungen der Verfassung streitig, oder wird ein von dem Senate oder von der Bür-
gerschaft auf Grund der Verfassung in Anspruch genommenes Recht von dem anderen
Theile bestritten, so wird zunächst eine Vergleichs-Commission eingesetzt, in
welche der Senat drei seiner Mitglieder und der Bürgerausschuß gleichfalls drei Mit-
1) Verf. Art 58.
Verf. Art 60.
Verf. Art. 66.
4) Vgl. S. 51.
5) Vgl. ebd.
0)
S
Veri. Art. 71.
Verf. Art. 72.
8) Verf. Art. 52. Dazu Regulativ für das Verfahren in den Geheimcommissionen, Anhang VI.
zur Verf. Urk.
Handbuch des Oeffentlichen Rechts. III. 2. III. 4