Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.3. Das Staatsrecht der Freien und Hansestädte Hamburg, Lübeck, Bremen. (7)

54 Klügmann, Das Staatsrecht der freien und Hansestadt Lübeck. 86. 
gestellten oder durch besondere Rath- und Bürgerschlüsse bereits bewilligten Einnahmen 
und Ausgaben bei der Berathung des Staatsbudgets weder vom Senate noch von der 
Bürgerschaft abgelehnt werden, und die beikommenden Behörden sind berechtigt, derartige 
Positionen des Budgets zur Ausführung zu bringen, auch wenn im Uebrigen über das 
letztere noch keine Einigung zwischen Senat und Bürgerschaft zu Stande gekommen ist. 
Der Mitgenehmigung der Bürgerschaft unterliegt also das Staatsbudget in seiner Ge- 
sammtheit nur insofern, daß sie berechtigt ist, bei jeder einzelnen Position zu prüfen, ob 
sie der Verfassung oder besonderen bereits gefaßten Beschlüssen gemäß in das Budget ein- 
gestellt ist. Ergiebt sich hiebei, daß in einem Falle eine Meinungsverschiedenheit zwischen 
den beiden Staatskörpern besteht, und bleibt diese bis zum Schlusse des Jahres unausge- 
glichen, so muß zwar von der Ausführung der betreffenden Position Abstand genommen 
werden, es wird dann aber sofort nach Maßgabe der Verfassung eine Entscheidungs-Com- 
mission eingesetzt, welche ohne Weiteres über die Streitfrage beschließt 0. 
Ebenso wie das jährliche Budget des Staates unterliegt auch das der öffentlichen 
Wohlthätigkeitsanstalten der Zustimmung der Bürgerschaft, und diese Zustimmung ist 
gleichfalls erforderlich für diejenigen Verwendungen aus dem Vermögen der evangelisch- 
lutherischen Kirchengemeinden, für welche die Vorstände derselben gesetzlich einer höheren 
staatlichen Genehmigung bedürfen. 
Ueber die ordnungsmäßige Benutzung aller bewilligten Gelder muß der Bürger- 
schaft der Nachweis geliefert werden. Nach der Verfassung sind die vom Finanzdeparte- 
ment und von der Rechnungs-Revisions-Deputation über die Verwaltung eines jeden 
Jahres erstatteten Berichte zu ihrer Kenntniß zu bringen. Erst nachdem dies geschehen, 
kann dem Stadtkassenverwalter durch einen Rath= und Bürgerschluß über seine Verwal- 
tung Quittung ertheilt werden. 
Nicht alle ihre Rechte übt die Bürgerschaft in ihrer Gesammtheit aus. Für einen 
Theil derselben und zwar vornehmlich für die öbkonomischen, hat sie ihre Gewalt auf 
den Bürgerausschuß übertragen. Die von diesem gemeinsam mit dem Senate gefaßten 
Beschlüsse werden dann nur der Bürgerschaft zur Kenntnißnahme mitgetheilt. Zugleich 
macht der Senat sie öffentlich bekannt, falls nicht ihre Geheimhaltung durch die Umstände 
geboten ist?). 
Der Bürgerausschuß nimmt in folgenden Fällen die Befugnisse der Bürger- 
schaft wahr: bei Anträgen auf Geldbewilligungen, welche in dem einzelnen Falle oder, 
wenn in einem und demselben Kalenderjahre mehrfach für denselben Zweck beantragt, in 
ihrer Gesammtheit die Summe von 6000 Mark einmaliger Ausgabe oder von 300 
Mark jährlicher Ausgabe nicht übersteigen; ferner bei Anträgen auf Verwendung von 
Budgetpositionen, sofern einzelne Behörden nicht über sie verfügen dürfen, auf Erwerbung 
oder Veräußerung von Grundstücken für den Staat, die evangelisch-lutherischen Kirchen- 
gemeinden, die öffentlichen Wohlthätigkeitsanstalten und die Privatstiftungen, soweit dabei 
nicht Hoheitsrechte in Betracht kommen oder das Grundstück einen höheren Werth als 
12 000 Mark hat, endlich bei Aenderungen in der Verwaltung oder Benutzung öffentlicher 
Güter von demselben Werthe. Außerdem verfügt der Bürgerausschuß Namens der Bür- 
gerschaft gemeinsam mit dem Senate über Denkmäler der Kunst und des Alterthums 
und entscheidet in den Fällen, zu deren Entscheidung er durch Rath- und Bürgerschluß 
berufen ist . 
§ 6. Staatsverwaltung. Die Leitung der gesammten Staatsverwaltung und die 
Oberaufsicht über die Verwaltungsbehörden steht dem Senate zu. Der letztere hat aus 
1) Vgl. Anhang V. zur Verf. Urk. 
2) Verf. Art. 68. 
3) Verf. Art. 69.
	        
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