Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.3. Das Staatsrecht der Freien und Hansestädte Hamburg, Lübeck, Bremen. (7)

60 Klügmann, Das Staatsrecht der freien und Hansestadt Lübeck. 88. 
nannten öffentlichen Wohlthätigkeitsanstalten sind nur zwei Staatsinstitute: das Allgemeine 
Krankenhaus und das Irrenhaus ?). 
Für den Handels= und Gewerbestand sind Institutionen geschaffen, welche 
die Aufgabe haben, die Interessen derselben nach den verschiedenen Richtungen hin wahr- 
zunehmen. Die gemeinsamen Angelegenheiten der Kaufmannschaft, der Genossenschaft der- 
jenigen lübeckischen Bürger, welche das kaufmännische Gewerbe selbstständig betreiben und 
welche in dieselbe aufgenommen sind, werden von der Handelskammer geleitet. Die letz- 
tere ist der geschäftsführende Vorstand der Kaufmannschaft. Sie ist verpflichtet, sich die 
commerciellen und industriellen Interessen Lübecks fortwährend angelegen sein zu lassen 
und diejenigen Maßregeln zu ergreifen, welche zur Förderung derselben dienen. In allen 
Handels= und Schifffahrtsangelegenheiten muß sie auf Antrag des Senates oder auch un- 
aufgefordert gutachtliche Erklärungen abgeben?). 
Eine ähnliche Stellung, wie die Handelskammer, nimmt die Gewerbekammer auf 
dem Gebiete des Gewerbewesens ein?. 
§ 8. Justizpflege. Das Gerichtswesen ist auf Grund der Reichsgesetze, vor- 
nehmlich des am 1. Oct. 1879 in Kraft getretenen Gerichtsverfassungsgesetzes für das 
Deutsche Reich geregelt"). Die Justizaufsicht steht dem Senate zu. Für die Ausübung 
der Gerichtsbarkeit in erster Instanz sind ein Amtsgericht und ein Landgericht vorhanden. 
Die Competenz des letzteren erstreckt sich in Folge eines Vertrages mit Oldenburg vom 
29. September 1878 auch über das Fürstenthum Lübeck, und führt es demgemäß den Titel: 
Landgericht der freien und Hansestadt Lübeck und des Fürstenthums Lübeck"). Es ist 
besetzt mit einem Präsidenten, einem Direktor und sechs Richtern. Oldenburg ernennt 
den Direktor und einen der Richter, der Lübeckische Senat den Präsidenten, die übrigen 
Richter und die Beamten. Bei dem Gerichte ist eine Kammer für Handelssachen gebildet. 
Die Wahl der Handelsrichter steht dem Senate zu, und hat ihm die Handelskammer zu 
Lübeck deswegen gutachtliche Vorschläge entgegen zu bringen. Selbstständig besteht ein 
Gewerbegericht zur Entscheidung von Streitigkeiten der Gewerbtreibenden mit ihren Ge- 
sellen, Gehülfen und Lehrlingen, sowie der Fabrik-Inhaber mit ihren Arbeitern. Es wird 
aus einem rechtsgelehrten Mitgliede des Senates als Vorsitzenden und aus je zwölf Ar- 
beitgebern und Arbeitnehmern als Beisitzern gebildet . 
Für lübeckische Rechtssachen ist abgesehen vom Reichsgerichte ferner das hanseatische 
Oberlandesgericht zu Hamburg zuständig, welches seitens der drei Hanfestädte durch Ver- 
trag vom 30. Juni 1878 errichtet ist'). Der Senat erwählt die beiden Präsidenten des 
Gerichtes gemeinsam mit den Senaten von Bremen und Hamburg und besetzt eine der 
Rathsstellen. 
Von den Prüfungen, denen sich lübeckische Staatsangehörige behufs der Er- 
langung der Fähigkeit für das Richteramt unterziehen wollen, wird die erste, einer Ueber- 
einkunft zufolge, welche der Senat mit der Kgl. preußischen Regierung und mit dem Kais. 
Statthalter von Elsaß-Lothringen getroffen hat, bei einer preußischen Prüfungs-Commission, 
bezw. bei der Prüfungs-Commission des Oberlandesgerichtes zu Colmar abgelegt, nach- 
dem der Senat auf ein desfallsiges Gesuch die Zulassung ausgesprochen hat ?), die zweite 
  
1) Regulative für dieselben v. 14. April 1875 (ebd. 1875 S. 150 ff., S. 157 ff.). 
2) Vgl. Revidirte Lüb. Kaufmanns-Ordnung v. 28. Jan. 1867 (ebd. 1867 S. 5 ff.). 
3) Vgl. Ordnung für die Lüb. Gewerbekammer v. 17. Sept. 1877 (ebd. 1877 S. 53 ff.). 
4) Verordnung v. 3. Febr. 1879 (ebd. 1879 S. 17 ff.). 
5) Ebd. S. 1 ff. 
6) Gesetz v. 17. Sept. 1877 (Lüb. Verordn. 1877 S. 57 ff.). 
7) Ebd. 1878 S. 103 ff.; Zusatzvertrag v. 7. Juni 1879 (ebd. 1879 S. 77 ff.). 
8) Vgl. Gesetz v. 3. Febr. 1879 (ebd. 1879 S. 44 ff.), Bekanntmachungen v. 18. Juni 1879 
(ebd. S. 94) und 17. Juli 1882 (ebd. 1882 S. 53).
	        
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