83. Senat und Bürgerschaft. 71
Mit demselben wird die Erfüllung der Gehorsams- und Treuverpflichtung und die ge—
wissenhafte Entrichtung aller Abgaben, welche „auf Eid erhoben werden“), gelobt und
versprochen bei Mitwirkung in öffentlichen Angelegenheiten keine andere Rücksicht als die
auf das gemeine Beste walten zu lassen. Wer den Staatsbürgereid geleistet hat, ist
Bürger des Staats)).
Zweiter Abschnitt.
——..
Die staatlichen Organe und Tunktionen.
§ 3. Die Träger der Staatsgewalt, Senat und Bürgerschaft. I. Allgemeine Grund-
sätte. Die Verfassung des bremischen Staates ist republikanisch, und zwar zeigt sie
eine eigenthümliche Mischung von Democratie und Aristocratie. Als Träger der Staats-
gewalt erscheint nicht, wie in den antiken Republiken (und nach ihrem Vorbilde in der
Verfassung von 1849), die Gesammtheit der Staatsbürger, sondern zwei Corporationen,
der Senat und die Bürgerschaft, sind die selbstberechtigten Inhaber der Staatsgewalt.
Beide wirken in Ausübung der Staatsgewalt gemeinschaftlich. Soweit nicht ausdrücklich
durch Verfassung oder Gesetz ein anderes festgesetzt ist, kann auf allen Gebieten des staat-
lichen Lebens ein Willensakt des Staates nur durch übereinstimmenden Beschluß von
Senat und Bürgerschaft zustande kommen. Alle Gewalt außer der ihren ist nur eine
delegirte 5.
II. Der Senat hat die Leitung und Oberaufsicht in allen Staatsangelegenheiten;
er allein ist dasjenige Organ, welches zur Vertretung des Staates nach außen berufen
ist; ihm liegt die Sorge für die innere und äußere Sicherheit des Staates ob"). Er
besteht verfassungsmäßig aus 18 Mitgliedern, welche auf Lebenszeit gewählt werden?).
Wählbar ist jeder bremische Staatsbürger. Besondere wissenschaftliche oder sonstige Quali-
ficationen werden im allgemeinen nicht verlangt. Wer das 30. Lebensjahr vollendet hat
und die Wahlfähigkeit zur Bürgerschaft 5) besitzt. kann zur Bekleidung des höchsten Staats-
amtes berufen werden?). Nur nach einer doppelten Richtung findet eine Beschränkung statt:
1. Es ist Vorsorge getroffen, daß dem Senate einerseits ein gewisses Maß juristisch
gebildeter Kräfte und andererseits kaufmännischer Beirath nie fehlt: wenigstens 10 Mit-
glieder müssen „dem Stande der Rechtsgelehrten angehören“ und wenigstens 5 müssen
Kaufleute sein. In Bezug auf den Stand der zu wählenden ist die Wahl daher nur
1) Siehe unten § 7 am Ende.
2) Verf. § 2. Cin bestimmter Census ist nicht Voraussetzung des Bürgerrechts; auch der
Unterschied zwischen großem und kleinem Bürgerrecht antiquirt.
3) Verf. 88 3, 56.
4) Verf. 8§ 56, 57 a, e, k.
5) Verf. 5§ 21 und 24. In jüngster Zeit macht sich das Bestreben geltend, die Zahl der
Senatsmitglieder herabzumindern. Vergl. Seite 70 Note 3.
6) Siehe unten unter III.
7) Verf. § 23.