Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.3. Das Staatsrecht der Freien und Hansestädte Hamburg, Lübeck, Bremen. (7)

85. Die Gesetzgebung. 75 
tationen sind bestimmte Beamte untergeordnet 1). Dem Senate steht das Oberaufsichts— 
recht über die verwaltenden und ausführenden Deputationen zu?). 
Da Senat und Bürgerschaft auf dem Gebiete ihrer gemeinschaftlichen Wirksamkeit 
als zwei völlig gleichberechtigte Körperschaften erscheinen, bietet die Verfassung die Mög- 
lichkeit, einen etwa zwischen beiden sich erhebenden Conflict auf schiedsrichterlichem Wege 
zu erledigen. „Ergiebt sich zwischen dem Senate und der Bürgerschaft eine Meinungs- 
verschiedenheit über die Auslegung der Verfassung oder eines Gesetzes, oder eines 
sonstigen gemeinschaftlichen Beschlusses, so unterliegt die Streitfrage einer gerichtlichen 
Entscheidung“). Ehe indeß auf diese Entscheidung angetragen werden kann, verlangt das 
Gesetz eine Garantie dafür, daß die Meinungsverschiedenheit auf dem gewöhnlichen Wege 
gegenseitiger Verständigung in der That nicht zu überwinden ist. Es ist daher vorab 
eine Deputation niederzusetzen, welche über Vermittlungsvorschläge zu berathen hat. 
Nach Eingang des Deputationsberichtes haben beide Körperschaften die Sache aufs neue 
einer Beschlußfassung zu unterziehen. Erst wenn diese zwiespältig bleibt, wird die An- 
gelegenheit dem Gerichte überwiesen, dessen Entscheidung die Kraft eines gemeinsamen 
Beschlusses von Senat und Bürgerschaft hat. Zu dieser Entscheidung ist in erster und 
letzter Instanz das hanseatische Oberlandesgericht in Hamburg berufen 0. 
§ 5. Die Gesetzgebung. Zum Erlaß eines Gesetzes erfordert die Verfassung einen 
übereinstimmenden Beschluß von Senat und Bürgerschaft?). Der Inhalt der Gesetze be- 
darf hiernach vor ihrer Verkündigung einer Vereinbarung zwischen beiden Körperschaften. 
In Handels= oder Schifffahrtsangelegenheiten muß die Handelskammer, in Gewerbesachen 
die Gewerbekammer, in landwirthschaftlichen Angelegenheiten die Kammer für Landwirth- 
schaft vorab zu einer Begutachtung des Gesetzentwurfs veranlaßt werden?). Wichtigere 
und umfangreiche Gesetzentwürfe pflegen zur Beförderung der Uebereinstimmung zwischen 
Senat und Bürgerschaft einer für den besonderen Fall niederzusetzenden Deputation zur 
Vorberathung überwiesen zu werden. Die Initiative zur Gesetzgebung steht beiden Körpern 
gleichmäßig zu?). Die Verkündigung der Gesetze liegt dem Senate ob'); eine besondere 
Form ist dafür nicht vorgeschrieben; herkömmlicher Weise geschieht die Verkündigung durch 
Abdruck in dem Gesetzblatte. 
Abänderungen der Verfassung) sind an besondere Vorschriften geknüpft. Die 
Vorberatung durch eine Deputation ist hier obligatorisch. Dieselbe findet indes erst statt, 
nachdem das Abänderungs-Project von Senat und Bürgerschaft im allgemeinen gutgeheißen 
ist. Nach Eingang des Berichtes der Deputation erfolgt alsdann die definitive Beschluß- 
fassung. Zur Annahme ist erforderlich, daß sich in je zwei verschiedenen Sitzungen der 
Bürgerschaft und des Senats die Mehrheit der gesetzlichen Zahl der Mitglieder beider 
Körperschaften für den Abänderungsentwurf erklären ½). 
Der Senat allein ist zum einseitigen Erlaß von Rechtsvorschriften nur in sehr be- 
schränkter Weise und zwar in folgenden Fällen ½) berufen: 
  
1) Gesetz, die Deputationen betr. §§ 52—61. Vergl. unten § 6. 
2) Verf. § 59. 
3) Verf. 8§ 66. 
4) Bis zum 1. October 1879 das Ober-Appellations-Gericht der freien Städte zu Lübeck. 
Gesetz, betr. die Erledigung von Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Senate und der Bürger- 
schaft (vergl. oben Seite 70) mit Novelle v. 25. Juni 1879 (G. Bl. p. 216). 
5) Verf. 58 b, 66. 
6) Verf. 106, 119, 124. 
7) Verf. 8§ 61. 
8) Verf. 8 571. 
9) d. h. nur der Verfassung im engeren Sinne, nicht auch der organischen Gesetze, s. S. 70. 
10) Verf. § 67; neue Fassung vom 8. Nov. 1882, G.Bl. p. 135. zanisc 
11) Das in § 107 der Verf. dem Senate eingeräumte Recht „im Einverständnisse mit der 
Handelskammer und nach Vernehmung des Kaufmannsconvents, sofern die Staatskasse nicht dabei
	        
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