87. Einzelne Verwaltungszweige. 79
Gebiete des Gewerbewesens im engeren Sinne und der Landwirthschaft eine analoge
Stellung zugewiesen ).
V. Finanz= und Steuerwesen. Zur Beaufsichtigung der Verwaltung des
Staatsguts und der allgemeinen städtischen Verwaltungen ist die Finanz-Deputation be-
rufen. Sie hat die Aufsicht und Controle über das Staatsschuldenwesen und über die
allgemeine Buch= und Kassenführung der öffentlichen Gelder; sie überwacht die richtige
Veranlagung und Erhebung sämmtlicher directen und indirecten Abgaben. Ferner liegt
ihr die Aufstellung des jährlichen General-Budgets ob. Sie stellt dasselbe aus den ihr
einzureichenden Einnahmeregistern und Specialbudgets der einzelnen Verwaltungen zu-
sammen, nachdem sie vorher, soweit dies von ihr für erforderlich erachtet wird, mit den
Special-Verwaltungsbehörden über etwaige von ihr gewünschte Abänderungen der einge-
reichten Voranschläge unterhandelt hat. Im Laufe des Novembers wird das Budget
mit einem Begleitberichte der Finanz-Deputation Senat und Bürgerschaft zur verfassungs-
mäßigen Beschlußnahme vorgelegt. Auch außerhalb des Budgets bedürfen alle außer-
ordentlichen Geldbewilligungen einer vorherigen Begutachtung durch die Finanzdeputation.
Nur die von dem Senate und der Bürgerschaft bewilligten Ausgaben können auf die Ge-
neral-Casse angewiesen werden. In analoger Weise wie der Voranschlag für das kom-
mende Jahr wird die General-Abrechnung über das verflossene von der Finanz-Deputa-
tion geprüft, festgestellt und mit Begleit-Bericht Senat und Bürgerschaft mitgetheilt?).
Behufs Veranlagung und Erhebung der Staatssteuern und der stadtbremischen Com-
munalsteuern besteht eine mit besoldeten Beamten besetzte Behörde, das General-Steuer-
amt, welche der Steuer-Deputation untergeordnet ist. Abgesehen von einigen mit der Be-
nutzung gewisser Verkehrsmittel verbundenen Abgaben, kennt Bremen nur 2 ständige
Steuern:
1) die Konsumtions-Abgabe, eine Verbrauchssteuer, welche von den in das Stadt-
gebiet eingeführten Ebwaaren, Getränken, Bau= und Feuerungsmaterialien erhoben wird.
2) die Umsatzsteuer, eine procentuale Stempelabgabe von allen Verkäufen beweg-
licher Gegenstände über 150 Mark).
Alle übrigen Steuern sind nicht ständig; sie können nur auf Grund eines für
jedes Kalenderjahr neu zu fassenden Beschlusses von Senat und Bürgerschaft erhoben
werden. Das „jährliche Steuergesetz“, welches am Ende eines jeden Jahres erlassen wird
und die Abgaben des folgenden festsetzt, kann in Bezug auf seine zeitlich beschränkte recht-
liche Wirksamkeit den leges annuae der Römer verglichen werden, auch insofern als der
Grundstock der in ihm enthaltenen Vorschriften den edicta tralatitia analog von Jahr zu
Jahr derselbe bleibt und Modificationen thatsächlich nur auf Grund eines hervorgetretenen
Reformbedürfnisses Platz greifen. Das neueste Gesetz vom 14. December 1882 umfaßt
folgende Staaatsgaben?):
die Grund= und Gebäudesteuer#):
1) Verf. §§ 94—125. Gesetz, betr. die Handelskammer, betr. die Gewerbekammer, betr. die
Kammer für Landwirthschaft.
2) Gesetz, die Deputationen betr. §5 23—39. · 1
3) Obrigkeitl. Verordn. v. 26. Juni 1834 (Samml. p. 20) mit zahllosen einzelne Gegenstände
betreffenden Novellen. ·
4) Bekanntmachung, die Umsatzsteuer betr. v. 18. Dec. 1871 (G. Bl. p. 222).
5) Dasselbe begreift ebenfalls einige Communal-Abgaben, unter denen die Erleuchtungs-
steuer hervorzuheben ist, eine Steuer, die abweichend von dem sonst allgemein üblichen Sprachge-
brauche nicht nach dem Objecte der Besteuerung, sondern nach der wirthschaftlichen Veranlassung
ihrer Einführung benannt ist und theils als ein Zuschlag zur Grundsteuer, theils als Mieth-
steuer erhoben wird. Aehnlich verhält es sich mit der durch das Gesetz, die Wasserkunst betr. v.
26. Jan. 1873 (G.Bl. p. 17) eingeführten Wassersteuer.
6) Allgemeine Grundsätze betr. die Veranlagung enthält das Grundsteuergesetz v. 11. Oct.
1878 (G. Bl. p. 161).