Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.3. Das Staatsrecht der Freien und Hansestädte Hamburg, Lübeck, Bremen. (7)

80 Sievers, Das Staatsrecht der freien Hansestadt Bremen. 8 8. 
die Erbschaftsabgabe; 
die Abgabe von Veräußerungen von Immobilien; 
und endlich noch eine Reihe von Luxus- und Stempel-Abgaben. 
Außerdem kommen noch folgende ebenfalls nicht ständige Staatssteuern in Betracht: 
1) die Einkommensteuer. Die allgemeinen Grundsätze betreffs ihrer Veranlagung 
und Erhebung sind durch Ges. v. 17. Dec. 1874 1) geregelt. Die Ausschreibung der 
Steuer erfolgt aber für jedes Jahr durch Specialgesetz und es wird dabei der Procent- 
satz je nach den Bedürfnissen des Staatshaushalts fixirt. Die Veranlagung erfolgt auf 
Grund der Einnahmen, welche der Steuerpflichtige in dem der Steuerausschreibung vor- 
hergegangenen Kalenderjahre gehabt hat, für Handels= und Fabrikgeschäfte nach dem Durch- 
schnitt der drei letzten Jahre. Es gilt Selbstschätzung unter Vorbehalt einer Erhöhung 
durch die Steuerdeputation. 
2) Der Vermögensschoß, eine Kapitalsteuer, die nur in Fällen außerordentlicher Be- 
dürfnisse der Staatskasse zur Hebung gelangt 2). 
Erinnerungen der Steuerpflichtigen über die Art oder das Maß ihrer Heranziehung 
zu Steuern oder Abgaben gehen in der Regel an eine besondere ständige Deputation, die 
sog. Reclamations-Deputation. Daneben steht nach vorheriger Entrichtung der Abgaben 
behufs ihrer Rückforderung der Rechtsweg ohne alle Einschränkung offen?). 
Die meisten Abgaben werden nach dem Ausdrucke des Gesetzes „auf Eid entrichtet". 
Mit Rücksicht hierauf enthält der Staatsbürgereid eine besondere Formel, mit welcher die 
getreue Entrichtung aller Abgaben, welche auf Eid erhoben werden, gelobt wird. Nicht 
staatsangehörige Personen haben das gleiche Gelöbniß in Form eines sog. „Steuereides“ 
abzulegen?/. 
§ 8. Die Justizpflege. Für das Gerichtswesen sind die Bestimmungen der 
Reichsgesetze, insonderheit des Gerichtsverfassungsgesetzes v. 27. Januar 1877 maßgebend. 
Dasselbe bedarf daher hier nur insoweit einer Erwähnung als die Reichsgesetzgebung auf 
die Landesgesetzgebung verweist. 
Es bestehen zwei Amtsgerichte, eines in Bremen und eines in Bremerhaven; der 
Bezirk des letzteren umfaßt lediglich diese Hafenstadt. Der Bezirk des Landgerichts fällt 
mit dem Staatsgebiete zusammen. Dasselbe besteht aus 2 Strafkammern, 2 Civilkammern 
und 2 Kammern für Handelssachen (eine in Bremerhaven). Als höhere Instanz fungirt 
das hanseatische Oberlandesgericht in Hamburg, welches auf Grund der Uebereinkunft der 
3 freien Städte v. 30. Juni 1878 5) errichtet ist. Zur Erledigung der in § 120 a der 
Reichsgewerbeordnung erwähnten Streitigkeiten in der Stadt und im Landgebiete ist durch 
Gesetz vom 30. Sept. 1877 6) ein „Gewerbegericht“ niedergesetzt. Dasselbe besteht aus 
einem Mitgliede des Senats als Vorsitzendem und aus Beisitzern, welche zum Theil aus 
  
1) G. Bl. p. 121. Novellen vom 13. April und 16. November 1880. 
2) Gesetz, den Vermögensschoß betr. v. 13. Juni 1874 (G.Bl. p. 51.) — Die letzte Hebung 
fand 1876 statt (G.Bl. p. 113). 
Verf N Geset, die Deputationen betr. §§ 40, 41. Gesetz v. 14. Dec 1882 §8§ 85 folg. 92, 94. 
erf. § 15. x » 
- å4) Vergl. oben § 2. Gesetz v. 23. Febr. 1875 (G. Bl. p. 97). Eine rechtliche Bedeu- 
tung wohnt weder jener Clausel noch diesem Gelöbniß inne. Die Verpflichtung zur getreulichen 
Entrichtung der Steuern liegt bereits in der aus dem Unterthanenverhältniß fließenden Rechts- 
pflicht zu Treue und Gehorsam gegen die Staatsgewalt. Da die Verletzung Rromifforisher Eide 
straffrei ist, wird durch das eidliche Gelöbniß zu dieser t nichts hinzugethan, was von 
rechtlicher Bedeutung wäre. Nach der moralischen und politischen Seite hin aber hat dieses System 
seine tiefe Bedeutung, indem es an die Stelle der durch principielles Mißtrauen beherrschten Con- 
trolle der Staatsgewalt eine Ordnung des Vertrauens setzt, welche dem sittlichen Verhältnisse des 
Unterthanenverbandes weit mehr entspricht. 
5) G. Bl. p. 189. 
6) G.Bl. p. 83.
	        
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