83. Personen im Staate. 99
haben, wie Staatsangehörige, an den Staatslasten, sofern nicht Staats-(Reichs-) Angehörig-
keit ausdrückliche Voraussetzung der Verpflichtung ist, Theil zu nehmen (N.L.O. 88 28,
39, 40) 1). Ihre behuf strafrechtlicher Verfolgung geforderte Auslieferung an außer-
deutsche Regierungen hängt von der Verfügung der Landesregierung ab (N.L.O.
§ 206). Die vom Reiche mit einer Reihe von außerdeutschen Staaten geschlossenen
Auslieferungsverträge kommen dabei als pon den deutschen Einzelstaaten zu befolgende
Rechtsnormen in Betracht. — Wegen der Verleihung der Staatsangehörigkeit an Fremde
(Naturalisation) ist auf das R. St. R. zu verweisen.
II. Grundrechte der Unterthanen nach der N.L.O. ). Die N.L.O. geht im wesent-
lichen von dem, nicht in einer allgemeinen Vorschrift ausgesprochenen, wohl aber aus
den Einzelbestimmungen zu entnehmenden Grundsatze der Gleichheit der Unterthanen
vor dem Gesetze aus. Auf Stand oder Geburt beruhende Vorrechte sollten nicht
bestehen (N. L.O. 88 34, 200). Als in dem, das Reichsgesetz vom 27. Dezember
1848 (Grundrechte des deutschen Volkes) als solches aufhebenden, Landesgesetze vom
4. Juli 1851 Nr. 27 auf Antrag der Landesversammlung, in deren Verhandlungen ein
Kommissionsbericht zweier übrigens noch jetzt bestehender Institute von untergeordneter
Bedeutung (eines adeligen Fräuleinstifts, ritterschaftlicher Stipendien) gedachte, der Fort-
bestand der Bestimmung: „alle Standesvorrechte sind abgeschafft“ ausgesprochen wurde,
wiederholte man nur, was längst Rechtens war. — Die in der N.L.O. noch nicht völlig
durchgeführte Aufhebung der auf der Bekenntniß= Verschiedenheit beruhenden
Rechts-Verschiedenheiten 3) fand statt durch G. v. 24. Mai 1848 Nr. 27, welches be-
stimmte, daß „alle Rechtsungleichheiten, sowohl im öffentlichen als im Privatrechte, welche
Folgen des Glaubensbekenntnisses sind, ausgehoben“ würden. Hienach hat das jetzt maß-
gebende Bundesgesetz vom 3. Juli 1869 einen im Herzogthum schon bestehenden Rechts-
grundsatz aufgestellt. Daß andererseits Niemand seine Religion vorschützen dürfe, um sich
einer gesetzlichen Verpflichtung zu entziehen, bestimmte schon § 29 der N.L.O.
Der eben citirte Paragraph gewährt „jedem Einwohner vollkommene Freiheit
des Gewissens und des religiösen Glaubens, auch das öffentliche
Bekenntniß desselben in einer der im Staate jetzt gestatteten kirchlichen Gesellschaften.“
„Aeußere Religionsübung ist der Oberaufsicht des Staates unterworfen“"). Auf die durch
strafrechtliche Grenzen beschränkte Freiheit der Meinungsäußerung, die
Freiheit der Presse und des Buchhandels (auch der Auswanderung) bezogen
sich die §§ 30, 31 und 35 der N.L. O. Reichsgesetzliche Bestimmungen beherrschen jetzt
diese Materien; es ist daher auf das R. St. R. zu verweisen.
Landesgesetzlichen Bestimmungen unterliegt dagegen noch das sog. „Vereini-
gungsrecht“. "
Nachdem durch G. vom 20. Juni 1848 Nr. 34 das Recht der „Landeseinwohner“ sich
„friedlich zu versammeln“ ferner das Recht der „Vereinigung zu Gesellschaften" anerkannt war,
folgte das gegen den Mißbrauch solchen Rechtes gerichtete G. v. 4. Juli 1853 Nr. 37. Das-
selbe bezieht sich nicht auf Vereine (und deren Versammlungen), welche Corporationsrechte haben
oder von der Landesregierung genehmigt sind, ferner nicht auf Versammlungen zur Besprechung
von Communal= und Landtagswahlen 5). Auch fallen von den Vereinen nur diejenigen unter das
1) Grundeigenthum im Staatsgebiet allein, auch ohne Aufenthalt des Eigenthümers in dem-
selben, bedingt Theilnahme an den auf den Grundbesitz gelegten Lasten. N.L.O. 8§ 39. ·
21DieDarstellunghältsichandieBehandlungdieserMaterieinderN.L.O.,mdemsceden
GrundrechtenhierihreStellegiebt.(LabandR.St.R.Bd.I§15,dagegenH.SchulzeD.St.R.
Bd.1145.)
«)N.L.O.§§211,25,32.L.A.v.12.0ctober1832Art.19,vergl.mitArt.16derdeut-
schen Bundesacte.
4) Siehe unten § 10 am Ende. «
5) Siehe auch § 17 des Wahlgesetzes für den Reichstag, ferner wegen des Verhältnisses der
Militärpersonen zum „Vereinigungsrecht“ § 49 des Reichsmilitärgesetzes.
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