Full text: Handbuch des öffentlichen Rechts. Band III.2.1. Das Staatsrecht von: Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg, Braunschweig, Anhalt, Waldeck, Schaumburg-Lippe, Lippe. (5)

84. Das Staatsoberhaupt. 105 
Gesetzes erforderlich sind und aus diesem Gesetze direkt oder indirekt zu entnehmen 
ist, daß die Ergänzung dem Landesfürsten überlassen sei. Auf Verordnungen bezieht sich 
Abs. 2 des § 100 der N.L.O. nicht. Hier ist also die Prüfung nicht ausgeschlossen, ob 
die Verordnung inhaltlich sich innerhalb der ihr gezogenen Competenzgrenzen halte und 
demgemäß rechtsverbindlich sei. 
Daß übrigens Reichs-Gesetze und Verordnungen einerseits und Landes-Gesetze und 
Verordnungen andererseils gegen einander abzuwägen und im Collisionsfalle die ersteren zu be- 
folgen sind, folgt aus Art. 2 der R. V. (Laband im Handbuch d. öff. R. II 1 S. 91 ff. u. 
R. St. R. Bd. II § 61.) 
Für die Art der Bekanntmachung und den Anfangstermin der verbindlichen Kraft 
von Gesetzen und Verordnungen ist die Verordnung vom 5. Januar 1814 maßgebend, 
welche Bestimmungen wegen der Herausgabe einer die „allgemeinen Verfügungen“ ent- 
haltenden Verordnungs-Sammlung (setzt „Gesetz= und Verordnungs-Sammlung“) trifft 
und anordnet, daß die Ausgabe einzelner Stücke durch die Braunschw. Anzeigen bekannt 
gemacht, sowie daß „mit dem Anfange des achten Tages, nachdem diese Bekanntmachung 
in den Anzeigen geschehen, eine jede der darin erwähnten Verfügungen für gehörig publi- 
cirt (d. h. hier: zu allgemeiner Kenntniß gebracht) erachtet werden, mithin verbindende 
Kraft haben solle“!). 
Auf einem der Gesetzgebung verwandten Gebiete bewegt sich der Landesfürst bei 
Uebung der Befugniß, ohne Mitwirkung der Landesvertretung durch für bestimmte Per- 
sonen erlassene Verfügungen (leges speciales), in den aus dem allgemeinen Rechte sich 
ergebenden Rechtszustand ändernd einzugreifen oder Berechtigungen zu verleihen, welche 
in dem allgemeinen Rechte nicht begründet sind. Die darauf sich beziehenden Bestimmungen 
der N.L.O. sind: der § 6, nach welchem „der Landesfürst in einzelnen Fällen Dispen- 
sationen von den gesetzlichen Vorschriften ertheilen kann, jedoch, insofern dritte Personen 
wegen ihrer Rechte betheiligt sind, nur mit deren Zustimmung“, der § 10, nach welchem 
„gesetzlich zulässige Privilegien“ allein vom Landesfürsten verliehen werden, die 
Annahme von Privilegien, wenn sie Br. Staatsangehörigen von auswärtigen Regierungen 
verliehen werden, der Zustimmung des Landesfürsten bedarf ?), auch § 208, nach welchem 
dem Landesfürsten das Begnadigungs= und das Abolitionsrecht zusteht, das letztere nur, 
nachdem der Strafsenat des Oberlandesgerichtes sich gutachtlich geäußert hat ?). Den 
allgemeinen Bestimmungen der Verfassung schließen sich in einer Reihe von Landesgesetzen 
besondere Bestimmungen an, welche jene Befugnisse des Landesfürsten in speziellen Be- 
ziehungen regeln. 
Endlich erkennt — was hier noch zu erwähnen — der § 23 der N.L.O. an, daß 
die inneren Verhältnisse des Herzoglichen Hauses von dem Landesfürsten, als dem Ober- 
haupte der Familie, durch Hausgesetze geordnet werden. „Diese bedürfen der Zu- 
stimmung der Landesvertretung nicht; es können indeß durch dieselben keine in 
dem Landesgrundgesetze enthaltenen Bestimmungenabgeändert werden“). 
1) Bis 1832 war nur der Name Verordnung im Gebrauch obgleich auch die N.L.O. von 1820 
schon von Gesetzen spricht. Seit 1832 werden die Namen „Gesetze“ und „Verordnungen" der Ver- 
fassung gemäß gebraucht; nur die auf Staatsverträge sich beziehende Publicationen sind, auch wenn 
die bekundete Mitwirkung der Landesversammlung sie als Gesetze characterisirt, häufig Verordnungen 
genannt. 
2) Gleiches bestimmt § 10 c. bezüglich der Verleihung und Annahme von Titel, Nang, 
Würden, Standes-Erhöhungen und Ehrenzeichen. 
3) G. v. 1. April 1879 No. 11, (Ausführungsgesetz zum D. G.V. G.) § 43. — Nach § 111 
der N.L.O. ist die Abolition einer Untersuchung wegen Verfassungs-Verletzung is. u. 
§ 8 III.) unzuläßig und die Begnadigung insofern beschränkt, als „der Verurtheilte im Staatsdienste 
#vß angestellt werden“ kann. (Siehe wegen des Begnadigungsrechts auch § 485 der R.= 
tr. Pr.O.) 
4) Die wesentlichsten Hausgesetze abgedruckt bei Schulze, Hausgesetze der regierenden 
Fürstenhäuser B. I. S. 419 ff.
	        
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