110 Otto, Das Staatsrecht des Herzogthums Braunschweig. 85.
Staatsgewalt wie der Landesfürst selbst aus. — Die übrigen Bestimmungen des Ge—
setzes beziehen sich auf Constituirung, Beschlußfähigkeit, Geschäftsordnung des Regentschafts-
raths, Berufung der Landesversammlung u. s. w. .
In der Verfassung fehlen Bestimmungen, welche die Vertretung des Landesfürsten
ordnen, falls dieser im Laufe seiner Regierungszeit für längere oder kürzere Dauer an der
Ausübung der Staatsgewalt gehindert ist. Hier ist man also auf den Weg von Anordnungen
im speciellen Falle, selbstverständlich unter Mitwirkung der Landesvertretung, hingewiesen.
VI. Bedarf des Landesfürsten. „Der Bedarf des Landesfürsten und
seines Hauses haftet““ in Gestalt einer ihrer Höhe nach durch den sog. Finanzneben=
vertrag von 1832 fest bestimmten, „von dem Landesfürsten vorbehaltenen“ Summe „zu-
nächst und zuvörderst auf dem Reinertrage des Kammergutest)“.
Außerdem bleiben für den Bedarf der Hofhaltung in natura vorbehalten die Schlösser,
Hofgebäude, Gärten, Anlagen und Inventarien, auch einige Gefälle und Naturalliefe-
rungen nach Vorschrift des § 169 der N.L.G. (Neuestes Verzeichniß der Hofhaltungs-
Immobilien siehe in Anl. D des L. A. vom 14. Nov. 1864.) Der 8 170 der N.L.O. be-
zeichnet als „unter dem Bedarf des Landesfürsten und des Fürstlichen Hauses mitbegriffen“
neben den eigentlichen Kosten der Hofhaltung mit ihren Besoldungen und Pensionen, der
Unterhaltung der Hofhaltungs-Immobilien u. s. w. die Kosten des Marstalls, eines Ge-
stüts, des Theaters und der Capelle in Braunschweig. — Ueber die Verwendung der vorbe-
haltenen Summe und die Benutzung der Hofhaltungs-Immobilien nebst Zubehör steht der
Landesvertretung keine Controle zu, während ihr (s. u. 8 9 II) bezüglich der
von Staatsbehörden geführten Verwaltung des Kammergutes Einfluß und Controle zukommt.
Von der vorbehaltenen Summe werden nicht bestritten: 1) die für die Prinzen
und Prinzessinnen, Söhne und Töchter des regierenden Herzogs, bei selbstständiger Ein-
richtung, sowie bei deren Vermählung auszusetzenden Apanagen, Einrichtungs= und Aus-
stattungskosten, 2) das der Wittwe des Landesfürsten zu bewilligende, standesmäßige Aus-
kommen. Diese Ausgaben werden in Ermangelung einer Observanz, oder, wenn mehr
als Observanz, erfordert wird, von dem Landesfürsten nach vorgängiger Ueber-
einkunft mit der Landesversammlung festgestellt. (N.L.O. 8 171.)
§ 5. Die Staatsbehörden und ihre Functionen. „Die gesammte Staatsverwaltung
wird vermöge der von dem Landesfürsten verliehenen Gewalt unmittelbar oder mittelbar
in seinem Namen ausgeübt und steht unter seiner Oberaufsicht"“. (N.L.O. § 5.) Die
Organe, deren sich hiebei der Landesfürst bedient, sind die Staatsbehörden, welche jener
verfassungsmäßigen Stellung gemäß alle das Prädicat „Herzogliche“ führen. In der Or-
ganisation derselben behuf der Verwaltung im engeren Sinne des Wortes ist die Regel
die Einrichtung von nur zwei Instanzen (Ministerium, Vollzugsbehörden).
1) Die „mit der obersten collegialischen Leitung der Landesverwaltung aus-
schließlich beauftragte Behörde“ ist das Staatsministerium, besetzt mit mindestens 3 stimm-
führenden Mitgliedern, „welche der Landesfürst nach eigener Wahl ernennt und nach Ge-
fallen verabschiedet“. „Für die einzelnen Verwaltungs zweige bestehen Ministerial-Departe-
ments :)“). Die einzelnen Mitglieder des St. M. functioniren zugleich vermöge des Er-
1) N. L.O. § 169. Siehe unten § 9 J., wo von den Rechtsverhältnissen des Kammergutes
die Rede. In Art. 1 des sog. Finanznebenvertrages ist „die zur Bestreitung der Bedürfnisse des
Landesfürsten und des Herzogl. Hauses von dem Reinertrage des Kammergutes vorbehaltene
Summe auf 19 000 Nthlr. Gold und 218 000 Rthlr. in Conventionsmünze festgesetzt“. Sie erfolgt
jährlich in monatlichen Raten aus der Kammerkasse an die Hofstaatskasse. Durch Anl. A des L.A.
v. 12. Juni 1874 Nr. 31 ist sie um 30 000 Rthlr. Courant erhöht.
· 2) Entscheidungen des St. M. werden, wo nicht ein Anderes ausdrücklich vorgeschrieben,
vom Collegium getroffen werden müssen. Das System der Erledigung der Geschäfte in den
Departements durch den einzelnen Minister, ist erst in neuerer Zeit, namentlich bei der Justizver-
waltung zu ausgedehnterer Anwendung entwickelt.