120 Otto, Das Staatsrecht des Herzogthums Braunschweig. 88.
ausdrücklicher Vorschrift namentlich zur Feststellung der Etats, zu autonomen Erlassen, zu
Dispositionen über die Vermögenssubstanz und zu Anleihen erforderlich ist.
§ 8. Die Landesvertretung. I. Organisation und Wahl derselben. Die Bestim—
mungen der N.L.O. über die Zusammensetzung der Landesvertretung sind durch neue er-
setzt (siehe oben § 1), welche das Princip der Bildung der Wahlkörper nach Stän-
den, nach „Standesclassen“ aufgegeben haben. Die Ausdrücke „Ständeversammlung“,
„ständischer Ausschuß" sind, wo sie in der N.L.O. vorkommen, zu ersetzen durch „Landes-
versammlung“ (abgekürzt L.V.), Ausschuß der L.V. 1). Eine Bildung der Wahl-
körper lediglich nach Einwohnerzahlen kennt jedoch auch die neue Gesetzgebung nicht. Sie
hält sich, was die allgemeinen Wahlen betrifft, an die Grundgliederung des Staates in
Gemeinden und bildet aus Vertretern derselben, Stadt und Land scheidend, Wahlkörper;
vereinigt zu Wahlkörpern ferner höchstbesteuerte Grundbesitzer, Gewerbetreibende u. s. w.
Bei der Verschiedenheit der Interessen der Volksgruppen, aus denen danach die Landesab-
geordneten“ hervorgehen, haben noch Bestimmungen in den 8§ 57, 95, 133 der
N. L.O., dahin gehend, daß „die Stände die Gesammtheit der Landesein-
wohner vertreten“, ferner, daß „kein Abgeordneter als der besondere Ver-
treter seiner Standesclassen zu betrachten ist“, endlich, daß „die Abgeord-
neten keineswegs Instructionen von Anderen anzunehmen und zu beachten haben“, ihre
besondere Bedeutung.
Das ganze Rechtsinstitut, von dem hier die Rede, wird im Lande die „Landschaft“,
(in der N. L.O. die Gesammtheit der Abgeordneten „gesammte Landschaft“) genannt. In
dieser Darstellung ist der übrigens auch in der Landesgesetzgebung vorkommende gebräuch-
lichere Ausdruck „die Landesvertretung“ gewählt. Wo in derselben die Ausdrücke
„Landesversammlung“" (L. V.) oder „Ausschuß der Landesversammlung“ gewählt sind, be-
ziehen sich die daran geknüpften Erörterungen auch nur auf das genannte specielle Organ.
Es regeln a. die Zusammensetzung der L. V. und des Ausschusses, die örtliche Ab-
grenzung der Wahlbezirke und die Repartition der Abgeordneten auf dieselben, die Be-
dingungen der Wählbarkeit, das Erlöschen des „Auftrags der Abgeordneten“ das Ge-
setz vom 22. November 1851 Nr. 48, b. die Bedingungen des activen Wahl-
rechts und das Wahlverfahren, das Wahlgesetz v. 23. Nov. 1851 Nr. 49. Jenes
ist Bestandtheil des Landesgrundgesetzes, dieses gewöhnliches Gesetz'). a. Die L.V. be-
steht in einer Kammer aus 46 Abgeordneten, von denen die Städte 10, die Landge-
meinden 12, die Höchstbesteuerten 21, die evangelische Kirche 3 entsenden. — Die Städte
bilden 7 Wahlbezirke; der 1ste, Stadt Braunschweig, wählt 4, jeder der übrigen 1 Abg.
— Die Landgemeinden jeder der 6 Kreise bilden, unter Ausschluß des Amts Theding-
hausen, je 1 Wahlbezirk mit je 2 Abg. Nur der Kreis Blankenburg, ferner die Vertreter
der Gemeinden Thedinghausen, diese Letzteren nach Vorschrift des Wahlgesetzes mit allen
Höchstbesteuerten (siehe unten) des Amts zu einem Wahlköper verbunden, wählen
je 1 Abg. — Die Höchstbesteuerten zerfallen in 3 Abtheilungen und zwar c. nach
dem Grundbesitz, 6. der Gewerbesteuer, J7 nach den den vorstehenden Steuern nicht unter-
worfenen Berufsständen. Abtheilung c. zerfällt wiederum in 2 Classen, deren erste in
cinem das Herzogthum umfassenden Wahlcollegium 5 Abg. wählt, während die zweite
unter Ausschluß des Kreises Blankenburg in jedem der übrigen 5 Kreise ein Wahlcolle-
gium bildend, je 1 Abg. wählt, so daß auf den Grundbesitz 10 Abg. kommen. Abth. 8.
bildet 3 Wahlbezirke mit 3 (Stadt Braunschweig) 1, 1 Abg.; endlich Abth. Fgleichfalls
3 Wahlbezirke mit 2, 2, 1 Abg. Die Höchstbesteuerten aller 3 Abtheilungen im Kreise
1) Aufgehoben sind mit der neuen Gesetzgebung auch die §§ 142 und 143 der N.L.O., wenn
dies auch nicht ausdrücklich gesagt ist.
2) Abänderungen, meist unerheblich, des Wahlgesetzes in G. v. 3. Aug. 1864 Nr. 47, 10.
Mai 1876 Nr. 42, 25. Januar 1898 Nr. 3, 9. April 1881 Nr. 23.