Full text: Handbuch des öffentlichen Rechts. Band III.2.1. Das Staatsrecht von: Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg, Braunschweig, Anhalt, Waldeck, Schaumburg-Lippe, Lippe. (5)

140 Pietscher, Das Staatsrecht des Herzogthums Anhalt. 84. 
§ 4. Die Staatsdiener. Das Verhältniß der Staatsdiener ist in Anhalt durch das 
Gesetz vom 22. Dezbr. 1875, dem später einige Nachträge gefolgt sind, geregelt. „Staats- 
beamte“ („Staatsdiener") sind hiernach diejenigen Personen, denen ein für die Zwecke des 
Staates errichtetes öffentliches Amt vom Landesherrn oder in dessen Auftrag von einer 
Staatsbehörde übertragen ist. Geistliche und Kirchendiener sind darunter nicht mit befaßt. 
Jeder Staatsbeamte erhält bei seiner Anstellung eine Bestallungsurkunde, durch deren 
Annahme seitens des Angestellten der Dienstverband begründet wird. Bei kautionspflich- 
tigen Beamten muß die Kautionsbestellung hinzutreten. Die Anstellung erfolgt der Regel 
nach auf die Lebensdauer des Beamten, — dafür spricht auch im Zweifel eine Rechts- 
vermuthung. 
a) Pflichten. Jeder Staatsbeamte leistet den Staatsdienereid und hat die Verpflich- 
tung, das ihm übertragene Amt den Gesetzen entsprechend gewissenhaft wahrzunehmen und 
durch sein Verhalten in und außer dem Amte der Achtung, die sein Beruf erfordert, sich 
würdig zu zeigen. Er ist zur Amtsverschwiegenheit verpflichtet, darf ein außergerichtliches 
Gutachten nur mit Genehmigung seiner vorgesetzten Behörde ertheilen und soll auch dann, 
wenn er nicht mehr im Dienst ist, über solche Thatsachen sein Zeugniß verweigern, auf 
welche sich die Pflicht der Amtsverschwiegenheit bezieht. Er ist für die Gesetzmäßigkeit 
seiner amtlichen Handlungen verantwortlich. Zur Uebernahme von angemessenen und 
gleichartigen Geschäften ist er neben der Verwaltung seines Amtes ohne besonderes Ent- 
gelt verpflichtet. Zur Annahme von Ehrenzeichen, Geschenken und zur Betreibung von 
Nebengeschäften bedarf er der Zustimmung der vorgesetzten Behörde, die jedoch niemals 
ertheilt werden soll, wenn es sich um den Eintritt eines Beamten in den Vorstand, Ver- 
waltungs= oder Aufsichtsrath einer auf Erwerb gerichteten Gesellschaft handelt und damit 
mittelbar oder unmittelbar eine Remuneration verbunden ist, — eine beschränkende Be- 
stimmung, welche sich auf die in den einstweiligen Ruhestand versetzten (zur Disposition 
gestellten) Beamten nicht bezieht. 
Die Urlaubsfrage ist durch besondere Instruktionen geregelt. Ein Beamter, 
der Mitglied des Landtags ist, bedarf für seine Theilnahme an den Landtags-Verhand- 
lungen eines besondern Urlaubs nicht, jedoch bedarf er zum Eintritt in den Landtag der 
Genehmigung des Herzogs. Ein länger als 6 Wochen dauernder Urlaub hat, abgesehen 
von Krankheitsfällen, einen Abzug vom Gehalt zur Bestreitung der Stellvertretungskosten 
zur Folge. 
Die Disciplinarstrafer bestehen in Ordnungsstrafen und in Entfernung aus 
dem Amte; die ersteren sind Warnung, Verweis und Geldstrafen, die letztere besteht in 
Strafversetzung oder in Dienstentlassung. 
Warnungen und Verweise können von jedem Vorgesetzten ertheilt werden. Die 
Befugniß zu Geldstrafen, welche ebenfalls allen vorgesetzten Behörden zusteht, ist hinsicht- 
lich des Betrages je nach der Stellung der letzteren verschieden bemessen. 
Der Entfernung aus dem Amte muß eine förnliche Disciplinarunter- 
suchung vorhergehen. Das Urtheil wird endgültig ertheilt von einem Disciplinarhof, der 
aus dem Vorsitzenden des Staatsministeriums und außerdem 7 vom Herzog ernannten 
Mitgliedern besteht. Drei davon müssen ein richterliches Amt bekleiden. Die Verhand- 
lung und Entscheidung erfolgt unter Theilnahme von 7 Mitgliedern, worunter die 3 
Richter sich befinden müssen. 
b) Rechte. Der Beamte hat ein klagbares Recht auf den ihm ausgesetzten Ge- 
halt und auf Pension für den Fall der Versetzung in den völligen Ruhestand. Diese 
Pension kann bis zum Betrage des Gehalts steigen (sie erreicht ihn mit dem fünfzigsten 
Dienstjahre). Die Beamten sind verpflichtet, der bestehenden Wittwenkasse beizutreten und 
ein Einkaufsgeld und bestimmte jährliche Beiträge zu leisten — auch die nicht verheiratheten
	        
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