Full text: Handbuch des öffentlichen Rechts. Band III.2.1. Das Staatsrecht von: Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg, Braunschweig, Anhalt, Waldeck, Schaumburg-Lippe, Lippe. (5)

8 10. Staat und Kirche. 163 
fallsige Anleihen nothwendig werden, eine schleunige Berufung des Landtags aber nicht 
möglich ist, können unter Verantwortlichkeit der Staatsregierung die nothwendigen Maß— 
regeln vorgekehrt werden. Dieselben sind dem folgenden Landtage vorzulegen. Zur Re— 
gelung des Staatsschuldenwesens sind die Ges. v. 14. Okt. 1854 (für Waldeck) und 21. 
Aug. 1860 (für Pyrmont), sowie das Gesetz v. 20. April 1883 betr. die Convertirung 
der Waldeckschen Staatsanleihe von 1854 und der Pyrmontschen Staatsanleihe von 1860 
ergangen. 
8 10. Staat und Kiirche. In der Regelung des Verhältnisses zwischen Staat 
und Kirche hat sich die waldecksche Verfassung insofern der preußischen von 1850 an— 
geschlossen, als sie bei denjenigen Einrichtungen des Staates, welche mit der Religions— 
übung im Zusammenhange stehen, unbeschadet der gewährleisteten Religionsfreiheit die 
christliche Religion zu Grunde legt und bestimmt, daß Religionsgenossenschaften, welche 
Corporationsrechte noch nicht besitzen, diese Rechte nur durch besondere Gesetze erlangen 
können. Auch im Punkte der vermögensrechtlichen Stellung der Religionsgesellschaften 
und der Selbständigkeit derselben in der Verwaltung ihrer Angelegenheiten stimmt sie 
mit der preußischen überein, hat aber aus der Reichsverfassung von 1849 den Zusatz 
herübergenommen, daß die Religionsgesellschaften den allgemeinen Landesgesetzen unter— 
worfen sind, während der Art. 15 der preuß. Verf. eine entsprechende Ergänzung erst 
durch das Gesetz vom 5. April 1873 erhalten hat. Betreffs des Vermögens der Reli- 
gionsgesellschaften, Wohlthätigkeits- und Unterrichtsanstalten ist noch die besondere Be— 
stimmung getroffen, daß es dem Staatsvermögen nicht einverleibt noch überhaupt seinen 
bestimmungsmäßigen allgemeinen Zwecken entzogen werden darf, solange dieselben noch 
irgend zu erreichen sind. Ist letzteres nicht der Fall, so muß das Vermögen verwandten 
oder ähnlichen Zwecken gewidmet werden. 
Für die evangelische Kirche, welche bis dahin die reine Consistorialverfassung 
unter dem Landesherrn als summus episcopus besaß, ist unter dem 1. August 1857, 
gleichzeitig mit einer Verordnung wegen Betheiligung der Gemeinden bei Besetzung der 
Pfarrstellen, eine Gemeindeordnung (unwesentlich abgeändert durch Verordnung vom 5. 
Oktober 1882) und unter dem 18. Februar 1873 eine Synodalordnung erlassen 1). Das 
zu kirchlichen Gesetzen erforderliche Placet des Landesherrn bleibt nach der Synodal- 
ordnung in der bisherigen Weise fortbestehen. Von der unirten evangelischen Landes- 
kirche hat sich ein kleines Häuflein von „Lutheranern“"“ separirt, deren Verhältnisse 
durch Gesetz v. 26. März 1866 geordnet sind. 
Katholische Gemeinden sind nur drei vorhanden, zwei in Waldeck und eine 
in Pyrmont. Die Verhältnisse der ersteren sind durch einen Vertrag zwischen Waldeck 
und Kur-Köln v. 30. Okt. 1654 und verschiedene Recesse aus den Jahren 1663/64 ge- 
regelt. Am klarsten wird das Verhältniß des Staates zur katholischen Kirche ersichtlich 
aus der „im Einverständniß des Bischofs zu Paderborn“ ergangenen fürstlichen Verord- 
nung v. 21. März 1861 wegen Bildung einer katholischen Gemeinde in der Stadt Pyr- 
mont. Danach „ist der nach Pyrmont zu entsendende katholische Geistliche von dem 
Bischof zu Paderborn der hiesigen Regierung jedesmal vorher anzuzeigen und ihr etwaiger 
Einspruch gegen die bezeichnete Person zu berücksichtigen, sowie der gedachte Pfarrer auch 
1) Nach der letzteren bestehen 4 Kreissynoden und eine Landessynode. Die Kreissynode ist 
zusammengesetzt aus sämmtlichen in dem Kreise definitiv angestellten Pfarrern und einer der Anzahl 
der Pfarrstellen gleichen Zahl von Laien, welche von den weltlichen Mitgliedern der Gemeindekirchen- 
vorstände auf drei Jahre gewählt werden. Die Landessynode besteht aus zwei vom Fürsten zu 
ernennenden und 14 (zur Hälfte geistlichen, zur Hälfte weltlichen) von den Kreissynoden auf drei 
Jahre zu wählenden Mitgliedern. Aus der Landessynode selbst heraus wird ein aus drei Mitglie- 
dern bestehender Synodalausschuß gewählt. Die Synode hat, theils unmittelbar, theils durch den 
Ausschuß, ein erhebliches Mitwirkungsrecht bei der kirchlichen Gesetzgebung und Verwaltung. 
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