Full text: Handbuch des öffentlichen Rechts. Band III.2.1. Das Staatsrecht von: Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg, Braunschweig, Anhalt, Waldeck, Schaumburg-Lippe, Lippe. (5)

83. Die Landstände. 169 
des Landesfürsten Statt. Im Falle der Minderjährigkeit gebührt die Regentschaft an erster 
Stelle der im Wittwenstande lebenden Mutter des Fürsten, sonst dem nächsten Agnaten, 
sofern nicht von dem letztregierenden Fürsten anderweite Bestimmung getroffen ist. Im 
Falle dauernder Verhinderung des Landesfürsten steht die Regentschaft zunächst dem Erb— 
prinzen zu, falls der Landesfürst nicht anderweite Bestimmung getroffen hat; falls der 
Erbprinz minderjährig, gebührt die Regentschaft dessen leiblicher Mutter und sonst dem 
nächsten regierungsfähigen Agnaten. 
Als Oberhaupt des Staates vereinigt der Fürst in sich die gesammten Rechte 
der Staatsgewalt. Seine Person ist heilig und unverletzlich. Alle Regierungshandlungen 
des Fürsten, ausgenommen die Ernennung und Entlassung von Regierungs-Mitgliedern, 
bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung eines Regierungsmitgliedes. Dem Für— 
sten allein steht die vollziehende Gewalt zu; er hat das Recht der Begnadigung, Straf— 
milderung und Abolition, nur im Falle einer ständischen Anklage gegen ein Regierungs— 
Mitglied und im Falle der Verurtheilung desselben sind Abolition und Begnadigung an 
die Zustimmung der Stände geknüpft. Der Fürst verkündet die Gesetze und erläßt die 
Ausführungsverordnungen zu denselben. Er leitet und überwacht die gesammte innere 
Landesverwaltung. Ihm steht das Recht der Ernennung und Bestätigung aller Staats— 
diener und der Verleihung aller Würden und Ehrenzeichen zu; bei der Schließung von 
Verträgen mit anderen Regierungen ist er an die Zustimmung des Landtags nur insoweit 
gebunden, als es sich um Handelsverträge und solche Staatsverträge handelt, durch welche 
dem Lande oder einzelnen Staatsangehörigen Lasten und Verpflichtungen erwachsen wür— 
den. Der Fürst beruft den Landtag und schließt seine Sitzungen; er hat das Recht, den 
Landtag zu vertagen und ganz aufzulösen. Der Fürst, wie alle Prinzen des Fürstlichen 
Hauses, werden mit Vollendung des 21. Lebensjahres volljährig. Der Landesherr und 
die Mitglieder des Fürstlichen Hauses nehmen innerhalb der Sphäre des allgemeinen Pri- 
vatrechts bei der Civilkammer des Fürstlichen Landgerichts Recht, sowohl in bürgerlichen Rechts- 
streitigkeiten als in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. In Betreff des Hy- 
pothekenwesens und der Aufnahme und Anerkennung von das Eigenthum an Grundstücken 
übertragenden Verträgen sind die Amtsgerichte zuständig. Die Beschwerde gegen Ent- 
scheidungen, Beschlüsse und Verfügungen der Civilkammer gehört vor das Plenum des 
Oberlandesgerichts zu Oldenburg. In Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit 
bestimmt die Regierung eine Deputation aus der Civilkammer; die Beschwerde gehört 
vor das Landgericht. Die Vertretung in allen vermögensrechtlichen, persönlichen, wie 
dinglichen, Rechtsangelegenheiten hat die Fürstliche Rentkammer mit den Rechten und 
Pflichten der gesetzlichen Vertreter einer nicht proceßfähigen Partei im Sinne der Civil- 
proceßordnung. Die Mitglieder des Fürstlichen Hauses vertritt die Rentkammer nur in- 
soweit, als nicht besondere Behörden für deren Vermögensverwaltung bestehen. 
§ 3. Die Landstände. Nach der Theilung der alten Grafschaft im Jahre 1647 blieben 
die älteren Territorialstände, die sog. Landschaft, — Prälaten, Ritterschaft und Städte, — im 
Hessischen und Lippischen Antheile gemeinschaftlich bestehen, bis am 23. April 1668 Hessischer- 
seits die Gemeinschaft aufgesagt wurde. Aus dem Mangel an Thätigkeitsäußerungen einer 
„Landschaft“ in Schaumburg-Lippe in der Folgezeit rechtfertigt sich der Schluß, daß ständische 
Organe im hiesigen Lande gefehlt haben, wenngleich einzelne Reste ständischen Lebens sich noch 
längere Zeit, z. B. in den Stenerverhältnissen, nachweisen lassen 7). 
Durch Verordnung vom 15. Januar 1816 erhielt das Land eine ständische Verfassung, 
auf Grund des Art. 13 der Bundesacte; sie beruhte auf einer Landesvertretung durch Ritter- 
schaft, Städte, Flecken und Bauern. Die Wahl der Abgeordneten geschah nach jener Verordnung 
mittelbar, durch Wahlmänner; aus den Städten und Flecken sandte der Magistrat einen Depu- 
tirten aus seiner Mitte oder aus der Bürgerschaft, die Mitglieder der Ritterschaft, soweit sie 
adlig-freie Güter besaßen, waren sämmtlich Mitglieder des Landtags. Die Landstände hatten 
das Recht, die Ausgaben der Staatsverwaltung zu prüfen und auf Grund des Landesvergleichs 
  
1) S. von Campe, die Lehre von den Landständen, 2. Aufl. p. 278.
	        
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