Full text: Handbuch des öffentlichen Rechts. Band III.2.1. Das Staatsrecht von: Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg, Braunschweig, Anhalt, Waldeck, Schaumburg-Lippe, Lippe. (5)

84. Das Finanzwesen. I. Geschichtliche Entwickelung. 171 
Wahlberechtigte, der das 30. Lebensjahr vollendet hat. Gewählt ist derjenige, welcher 
mehr als die Hälfte der Stimmen auf sich vereinigt; ergiebt sich bei der engeren Wahl 
Stimmengleichheit, so entscheidet das Loos. Die Wahlen leiten Wahlcommissare, welche 
die Regierung ernennt, jeder Commissar zieht zwei Assistenten zu. 
§ 4. Das Finanzwesen. I. Geschichtliche Entwickelung. Die Grafen von Holstein-Schaum- 
burg bestritten anfänglich die Kosten der Landesverwaltung aus eigenen Mitteln, aus den Graf- 
schafts= und Herrschafts-Einnahmen, in späteren Zeiten wurden vom Lande sog. „Beden“ als 
Beihülfe gewährt, und zwar freiwillig, bald jedoch verloren diese Beden die Natur freiwillig 
zu leistender Abgaben, es wurde unterschieden zwischen ordentlichen und außerordentlichen Landes- 
lasten, mit diesen correspondirten nothwendige und nicht nothwendige Abgaben und die Leistung 
der letzteren war nicht mehr in das Belieben der Unterthanen gestellt. Die ordentlichen Landes- 
lasten waren diejenigen, welche 1. die Erhaltung des Reichscontingents; 2. die Erhaltung der 
Kreisverfassung, 3. die Unterhaltung der Landesbefestigung erforderten, ferner 4. die Kosten der 
Gesandtschaften zu Reichsdeputations= und Kreistagen. Diese Lasten beruhten auf altem Her- 
kommen und reichsgesetzlicher Vorschrift. Zu den ordentlichen Lasten zählte 5. die Fräuleinsteuer 
zur Dotation der gräflichen Töchter; sie war eine nothwendige Abgabe. Der erforderliche Steuer- 
betrag, die Landschatzung, wurde für das ganze Land einheitlich festgestellt, hiernächst nach Quoten 
auf die einzelnen Klassen (Nitterschaft, Prälatur, Aemter d. h. sämmtliche im Amtsbezirke 
ansässige Bauern, Städte, Flecken) vertheilt und hiernächst nach Bedürfniß vervielfältigt. Die 
Subrepartition war den einzelnen Klassen überlassen. Die Steuern waren eine Beihülfe zu den 
Domanialeinkünften, anfänglich wurden sie wahrscheinlich der Landesherrschaft überwiesen, später 
bildete sich eine Landrenteikasse mit einem landschaftlichen Schatzschreiber. Dieses Schatzwesen 
wurde umgestaltet durch die im Beginne des dreißigjährigen Krieges aufkommenden Contribu- 
tionen, das correspondirende Verhältniß zwischen ordentlichen und außerordentlichen Lasten und 
zwischen nothwendigen und nicht nothwendigen Steuern verschwand, und die Ritterschaft wurde 
von den Abgaben zu den ordentlichen Lasten frei, nur ihre Hintersassen blieben contributions- 
pflichtig. Aus diesen Contributionen, welche ursprünglich als Kriegscontributionen erhoben waren, 
entwickelten sich die regelmäßig wiederkehrenden Steuern, indem mit diesen anfänglich außer- 
ordentlichen Abgaben später auch die ordentlichen Landeslasten bestritten wurden. Am Ende 
des 17. Jahrhunderts wurde ein Land= und Viehschatz eingeführt. Je mehr Ausgaben aus 
der Contributionskasse bestritten wurden, desto geringer wurden die ordentlichen Landeslasten. 
Es kam eine Einigung zu Stande, dahin, daß die Landesherrschaft den auf die Aemter ent- 
fallenden Beitrag zu dem Ordinarium übernahm und den Aemtern dafür den Land= und Vieh- 
schatz auferlegte. Der Steuerfuß, nach welchem die Contributionen erhoben wurden, war 
ein durchaus unbestimmter und schwankte fortwährend, sowohl bei der Steuer vom bestän- 
digen, wie bei der vom unbeständigen Vermögen. Anfänglich steuerte man secundum vires 
patrimontüi, später wurden jährlich 12 Simplen erhoben, welche die ordinären Steuern genannt 
wurden, hiernächst schuf man „Ergänzungsmonate“ und nannte die für solche erhobenen Steuern 
extraordinäre Steuern; als diese Ergänzungsmonate im Jahre 1785 auf 10 gestiegen waren, ent- 
standen Contributionsprocesse zwischen den Unterthanen und der Landesherrschaft; welche durch 
den Landesvergleich vom 3. Decbr. 1791 beendet wurden. Nach diesem sollten die Unterthanen 
nicht mehr als 12 monatliche ordinäre Contributionen entrichten und sollten extraordinäre Steuern 
von ihnen nur zu den außerordentlichen Ausgaben gefordert werden, welche nach Reichs= und 
Kreisverordnungen oder einem rechtmäßigen Herkommen würden verlangt werden können. Dieser 
Landesvergleich ist nur wenige Jahre für die Steuerverhältnisse maßgebend gewesen, seine Be- 
stimmungen erwiesen sich bald, namentlich auch in Folge der eingetretenen Kriegsläufte, als un- 
zulänglich, zu einer Reform kam es jedoch erst mit dem Landtagsschluß vom 18. und 29. März 1818. 
Hinsichtlich der Steuern zu dem Ordinarium und Extraordinarium schließt sich der Landtagsschluß 
dem Landesvergleiche von 1791 im Wesentlichen an, er bestimmt dabei aber nicht ausdrücklich, 
welche Ausgaben fortan aus dem Ordinarium berichtigt werden sollen, sondern er bestimmt lediglich 
die auf dem Extraordinarium ruhenden Lasten. Der Beitrag der Unterthanen zu dem Ordinarium 
war eine bestimmte in Kammerkasse zu zahlende Abgabe, welche nicht nach den Ausgaben variirte; 
der Kammerkasse lag prinzipaliter die Bestreitung der Ausgaben des Ordinarium ob, jene Ab- 
gabe bildete eine Sublevation derselben. Die Aemter contribuirten 12 Simplen zu dem Ordi- 
narium an beständiger und unbeständiger Contribution, die unbeständige Contribution war bereits 
im Jahre 1817 auf Vieh und auf Gewerbe gelegt. Die Städte und Flecken bezahlten ein Aver- 
sum, welches in der 12facßhen beständigen Contribution bestand. Die Kammerkasse hatte, wie die 
Unterthanen zu dem Ordinarium beizutragen hatten, hinwiederum einen Beitrag zu dem Extra- 
ordinarium zu leisten. Dieser Beitrag war auf den zehnten Theil aller Ausgaben festgestellt, 
wozu in Kriegszeiten noch der zehnte Theil der erforderlichen Naturallieserungen kam. Das 
Extraordinarium wurde erhoben, nachdem der Betrag unter Mitwirkung der Landstände für jedes 
Jahr durch einen Voranschlag festgestellt war. Zu bemerken ist, daß die Unterhaltung der Land- 
und Heerstraßen, sowie die der Gendarmerie von dem allgemeinen Haushalte 
völlig getrennt waren. 
 
	        
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