186 Falkmann, Das Staatsrecht des Fürstenthums Lippe. § 9.
kinderbewahranstalt — wahrscheinlich der ersten in Deutschland — bestimmt. Außer den
vom Konsistorium abhängigen Elementarschulen bestehen zwei Gymnasien mit Realschulen
in Detmold und Lemgo, in andern Städten fünf Mittelschulen, sowie eine Schule für
Taubstumme, Töchter-, Gewerbe= und sieben kleine katholische Schulen.
Die aus vormaligen Klöstern entstandenen Damenstifter zu Cappel und Lemgo,
deren Aebtissin statutenmäßig eine lippische Prinzessin ist, stehen unter der Regierung. In
dem dritten, jetzt preußischen, Stifte zu Lippstadt werden die Präbenden gemeinschaftlich
von Preußen und Lippe vergeben.
§ 9. Das Militärwesen. Während das Verhältniß des Landes zum deutschen
Reiche im Allgemeinen sich aus den Reichsgesetzen ergiebt, nach welchen Lippe eine
Stimme im Bundesrath führt und durch einen Abgeordneten im Reichstage vertreten
wird, entscheiden bezüglich des Militärs namentlich die mit Preußen abgeschlossenen Kon-
ventionen.
In der Zeit des Deutschen Bundes stellte Lippe als Bundeskontingent ein zur Re-
serve-Infanteriedivision gehöriges Bataillon von 1200 Mann. Damals stand das Militärwesen
unter Verwaltung der Regierung bis 1854, von da bis 1867 unter einem besonderen Militär-
kollegium. Bei Errichtung des Norddeutschen Bundes ging dasselbe auf Preußen über, und trat
nunmehr an Stelle der bisherigen Konskription allgemeine Wehrpflicht ein.
Preußen schloß mit Lippe eine ähnliche Militärkonvention wie mit Sachsen-Weimar,
vorläufig auf sieben Jahre vom 1. Okt. 1867 an, und durch eine weitere Konvention ver-
längert bis auf etwaige Kündigung. Dadurch ist das bisher lippische Bataillon der
preußischen Armee einverleibt worden (dem 6. westf. Inf.-Reg. Nr. 55) und hat Preußen
die dem Lande reichsgesetzlich obliegenden Leistungen gegen Zahlung der verfassungsmäßig
auf 225 Rthlr. pro Kopf festgestellten, zeitweilig ermäßigten, Unterhaltungskosten über-
nommen. Die Stadt Detmold hat eine dauernde Garnison von einem Bataillon mit dem
Regimentsstabe erhalten, wogegen die Benutzung der Garnison-Einrichtungen und Lokali-
täten gegen Entschädigung an Preußen überlassen wurde. Die Wehrpflichtigen des Lan-
des leisten dem Fürsten den Fahneneid, vorbehältlich des Gehorsams gegen den Kaiser.
Der Fürst steht zu den im Lande dislocirten Truppen im Verhältniß eines kommandiren-
den Generals, ernennt Offiziere à la suite 2c. Die preußischen aktiven Militärpersonen
sind frei von Kommunalabgaben. Für Ersatz-Angelegenheiten zerfällt das Land in zwei
Aushebungsbezirke. Jede der beiden Ersatzkommissionen besteht aus dem Landwehr-Be-
zirks-Kommandeur und einem Civilvorsitzenden als ständigen Mitgliedern; die nichtstänu-
digen Beisitzer behufs etwaiger Reklamation werden aus den Grundbesitzern jedes Bezirks
gewählt. Der Brigade-Kommandeur und ein Mitglied der Regierung bilden die Ober-
Ersatzkommission.
1) Lippe gehört seit 1841 zum Deutschen Zollverbande, unter der Provinzial-Steuerdirektion
in Münster, besitzt ein Hauptsteueramt in Lemgo und zwei Untersteuerämter in Detmold und Blom-
berg. — Das Postwesen stand bis 1867 unter Verwaltung der Taxischen Postdirektion zu Frank-
furt. Gegenwärtig ist das Land dem Bezirke der Oberpostdirektion Minden zugetheilt, besitzt zwei
Postämter erster und eins zweiter Klasse nebst 18 Postexpeditionen und Agenturen und an allen
Postorten Telegraphenstationen. — Die kurze Eisenbahn des Landes, eine preußische Staats-
bahn, steht unter Verwaltung der Direktion zu Hannover.