83. Das landesherrliche Haus. 11
Die Volljährigkeit des Landesherrn, sowie der übrigen Prinzen des landesherrlichen
Hauses tritt in Mecklenburg-Schwerin nach hausgesetzlicher Bestimmung mit dem vollen—
deten neunzehnten Lebensjahre ein, doch soll der Landesherr bis zum Ablaufe seines zwei—
undzwanzigsten Lebensjahres bei Allem, was die Verfassung des Landes angeht, bei
Staatsverträgen und bei seiner Vermählung allemal die Minister seines Vorgängers zu
Rathe ziehen, welche durch ihre Mitunterschrift für treuen Rath ihm und dem Lande ver—
antwortlich werden.
Für die bei gänzlicher Unfähigkeit des Landesherrn zur Führung der Regierung
nothwendig eintretende Regentschaft!) giebt es besondere Bestimmungen nicht. Die
Analogie des für die Vormundschaft geltenden Rechtes ergiebt ein ausschließliches Recht
des nächsten Agnaten auf die Regentschaft.
Bei zeitweiliger Verhinderung des Landesherrn wird das Gleiche eintreten müssen,
sofern nicht der Landesherr vor Eintritt der Verhinderung Dispositionen für die Dauer
derselben getroffen haben sollte .
Nach dem schweriner Hausgesetze sollen, wenn beim Abgange des regierenden Landes-
herrn dessen Nachfolger oder der Vormund desselben abwesend sein sollte, die Minister
unter gemeinschaftlicher Unterschrift und Verantwortlichkeit die Regierungsgeschäfte fort-
setzen, bis Nachricht von dem neuen Großherzoge oder dem Vormunde eingeht.
Ueber die Apanagirungy)) der durch die Primogenitur-Erbfolge von dem
Stammgute des fürstlichen Hauses ausgeschlossenen Agnaten ist im Hamburger Vergleiche
Bestimmung nicht getroffen; man wollte diese, wie es scheint, der Bestimmung jeder Linie
selbst ebenso überlassen, wie die Versorgung der weiblichen Familienmitglieder.
Für Mecklenburg-Schwerin bestimmte das Hausgesetz von 1821, daß die Apa-
nageberechtigung der Söhne und Töchter des regierenden Landesherrn mit dem Tode des-
selben eintreten soll. Nach dem Staatsgrundgesetze vom 10. Oktober 1849 sollte sie da-
gegen schon bei Lebzeiten des Vaters mit dem vollendeten fünfzehnten Lebensjahre be-
ginnen. Diese Bestimmung ist auch nach der Wiederaufhebung des Staatsgrundgesetzes
in Uebung geblieben, jedoch mit der Modifikation, daß die Apanageberechtigung erst mit
dem vollendeten neunzehnten Lebensjahre anfängt"). Die Kinder apanagirter Prinzen
theilen sich nach dem Absterben ihres Vaters in die Apanage desselben, so jedoch, daß
die Prinzen gegenüber ihren Schwestern doppelte Portionen bekommen. Alle Mitglieder
des Großherzoglichen Hauses genießen freie Wohnung und Beköstigung in den Großher-
zoglichen Schlössern und erhalten außerdem bestimmte Summen für die erste Einrichtung.
verbleiben und der auf diese Bestimmung verweisende § 2 erwähnt nur die agnatische Stammes-
vormundschaft.
1) Hagemeister § 49.
2) Vgl. z. B. den Erlaß vom 27. Dezember 1843 bei Raabe V, S. 1117.
3) Hagemeister § 19 f. Balck, Finanzverhältnisse I, § 133—138.
4) Eine eigentliche, auf das Domanium als Stammgut des fürstlichen Hauses radizirte
Apanageberechtigung kann im ständischen Staate erst mit dem Abgange des Vaters beginnen, da
während seiner Regierung die Alimentation aus dem ungetheilt für die Zwecke des fürstlichen
Haushaltes zu seiner Verfügung stehenden Stammgute und Chatullgute bestritten wird. Aus welcher
Kasse die Zahlung erfolgt, ist daher gleichgültig. Erst wenn eine Scheidung zwischen dem, dem
Nachfolger in der Regierung allein zufallenden Domanium und dem nach gemeinrechtlicher kogna-
tischer Erbfolge sich vererbenden Chatullgute eintritt, verwandelt sich der civilrechtliche Alimentations=
anspruch in eine staatsrechtliche Apanageberechtigung. (s. unten S. 50.) Unter dem Staatsgrund-
gesetze vom 10. Oktober 1849 lag die Sache anders, indem dieses eine vollständige Scheidung des
landesherrlichen Vermögens in Staatsgut einerseits und Haus= und Chatullgut andererseits durch-
führte, die Apanageberechtigung aber auf das Staatsgut anwies. Rechtlich ist diese Scheidung mit
dem Staatsgrundgesetze selbst beseitigt (s. auch S. 19) und die auch nach Wiederherstellung des
früheren Zustandes bei Bestand gebliebene Bestimmung, daß die Apanagen bis zur Volljährigkeit
aus der Haushalts-Centralkasse bestritten, von da an aber auf die Renterei übernommen werden
sollen, hat gegenwärtig nur administrative Bedeutung. vgl. Balck a. a. O. §§ 22, 134 ff.