Full text: Handbuch des öffentlichen Rechts. Band III.2.1. Das Staatsrecht von: Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg, Braunschweig, Anhalt, Waldeck, Schaumburg-Lippe, Lippe. (5)

87. Die bestehende Verfassung. 1. Grundlagen. 21 
Verhältnisse des Domaniums herbeigeführt. Es ist durch dieselbe den Bauern ein ding— 
liches Recht am Grund und Boden gegeben, welches ihnen im Wesentlichen alle Befugnisse 
gewährt, welche mit dem aus staatsrechtlichen Rücksichten gebotenen Fortbestande des lan— 
desherrlichen Eigenthums am Domanium vereinbar sind. Die Erbpacht-Grundstücke sind 
sowohl vererblich als hypothekarisch verschuldbar und, vorbehältlich eines landesherrlichen 
Konfirmations= und Vorkaufsrechtes, frei veräußerlich. Die auf den Stellen ruhenden 
Lasten (Kanon) wurden nach zuvoriger Kapitalisirung als hypothekarische Schuld zu 
Grund= und Hypothekenbuch eingetragen; das Gleiche geschah mit den von den Bauern 
als Aequivalent für die Vererbpachtung nach bestimmten Normen zu zahlenden Erbstands- 
geldern, sowie den Kaufgeldern für die den Erbpächtern überlassenen Gebäude und In- 
ventarien. Alle diese Schulden sind seitens der Erbpächter kündbar und demnach beliebig 
ablöslich, auch werden dieselben wenigstens theilweise im Wege allmähliger Amortisation 
getilgt, welchem Zwecke eine Quote der jährlichen Verzinsung zu dienen bestimmt ist. 
Zur Verwaltung der auf diese Weise der schweriner Landesherrschaft zufließenden 
Kapitalien ist eine besondere Behörde, die Kommission zur Verwaltung des 
Domanial-Kapital-Fonds, eingesetzt, und die Größe dieses im steten Steigen be- 
griffenen Fonds, welcher gegenwärtig bereits siebenzig Millionen Mark annähernd erreicht, 
bietet einen Maßstab für die Wichtigkeit der in Betracht kommenden Interessen. 
Die neu geschaffenen Dorfgemeinden genießen jedoch lediglich ein durch das 
Aufsichtsrecht der landesherrlichen Verwaltungsbehörden nicht unerheblich beschränktes 
Selbstverwaltungsrecht in vermögensrechtlicher Beziehung, welches sie durch einen Ge- 
meinde-Vorstand unter Leitung eines Schulzen und unter der Kontrole einer Dorfver- 
sammlung üben. Obrigkeitliche Befugnisse sind ihnen dagegen nicht beigelegt. Diese sind 
vielmehr bei den Verwaltungsbehörden verblieben, als welche Domanial-Aemter unter 
Leitung der Großherzoglichen Kammer= und Forst-Kollegien in Schwerin und Neustrelitz 
fungiren. 
Der Versuch, dem Domanium Theilnahme an der landständischen Verfassung zu 
verschaffen, ist zwar von den Landesherren unternommen, allein bisher ohne Erfolg 
(s. oben S. 17 Note 2). 
§ 7. Die Ritterschaft besteht aus denjenigen Grundstücken, welche im Jahre 1755 
als zu derselben gehörig anerkannt waren, einschließlich der Inkamerata, nemlich aus den 
lehnbaren und allodialen Hauptgütern der drei Kreise nebst ihren Pertinenzen, ferner aus 
den Klostergütern, den Gütern des Rostocker Distrikts, den Landgütern der Herrschaft 
Wismar und den im Eigenthume der Städte resp. der städtischen Kirchen stehenden, der 
Stadtfeldmark nicht einverleibten Gütern, den s.g. Kämmerei= und Oekonomiegütern. Ent- 
scheidend für die Qualität eines ritterschaftlichen Gutes als solchen ist die Anwendlichkeit des 
ritterschaftlichen Hufensteuer-Modus und die Aufnahme in das ritterschaftliche Hufen-Kataster. 
Durch L.G.G.E.V. § 8 ist der Begriff der Hufe, welche von Alters her die Einheit für 
die Erhebung der Grundsteuer bildete, zu 300 Scheffeln Aussaat festgestellt. Die Ermittlung der 
Hufenzahl sollte demgemäß auf Grund einer vorzunehmenden allgemeinen Vermessung und Boni- 
tirung erfolgen. Es sind jedoch nur die Hauptgüter c. p. der 3 Kreise vermessen und bonitirt; 
die Rostocker Distrikts-, sowie die Kämmerei= und Oekonomiegüter sind nur vermessen aber nicht 
bonitirt, die Klosterhufen weder vermessen noch bonitirt, sondern diese alle zu einem aversionellen 
Hufenstande veranschlagt (Reskr. vom 24. Juli, 4. August und 16. Dezember 1777). 
Von altersher aber wurde die ritterschaftliche Hufensteuer nur von den ursprünglich im Be- 
sitze von Bauern befindlichen Hufen entrichtet. Das eigentliche Hoffeld war wegen der darauf ruhen- 
den Roß= und Manndienste davon befreit. Da zur Zeit des L. G. G.E.V. aber in Folge der viel- 
fachen Bauernlegungen eine genaue Scheidung von Bauerland und Hofland nicht durchführbar 
war, so wurde (L.G.G.E.V. § 6. 7) festgesetzt, daß die eine Hälfte der ritterschaftlichen Hufen als 
Hofland steuerfrei, die andere dagegen als Bauerland steuerpflichtig sein sollte. 
Nur die steuerpflichtige Hufenzahl, faktisch also nur die Hälfte des ganzen Hufenstandes, ist 
demnächst in das nur für Steuerzwecke angelegte General-Hufen-Kataster ausgenom- 
men. Im Jahre 1808 gab die Ritterschaft in Mecklenburg--Schwerin gegen Erlaß der Roß= und
	        
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