5 13. Die bestehende Verfassung. 2. Organisation der Stände. 31
Pflichten antreffen (L.G.G.E.V. § 165), eine Bestimmung, welche durch die ständische
Union ihren näheren Inhalt erhält.
Es haben jedoch beide Regierungen das Recht, jeder Zeit während des Landtags
mit den Ständen ihres Territoriums in Verhandlungen über solche Gegenstände einzu-
treten, welche von der Union nicht ergriffen werden, und es bildet die Regel, daß alle
derartigen Angelegenheiten auf den allgemeinen Landtagen mit erledigt werden. Endlich
dienen die Landtage auch zur Erledigung einer Reihe von internen Angelegenheiten der
Stände oder einzelnen Kreise, wie insbesondere von Klosterangelegenheiten (s. darüber
unten § 15) und zur Revision der Jahresrechnungen des Engeren Ausschusses, soweit
dieselben nicht den allgemeinen Konventen vorbehalten sind. Falls diese Angelegenheiten
einer Intimation bedürfen, erfolgt diese, wenn die Sache beide Stände angeht, durch be-
sondere Propositionen des Engeren Ausschusses und des Landtagsdirektoriums (s. u.), wenn
die Sache nur die Ritterschaft betrifft, durch Propositionen des Ritterschaftlichen Engeren
Ausschusses.
Die Eröffnung des Landtags geschieht durch einen schweriner Kommissar,
worauf zunächst im Direktorialzimmer (s. u.) die Verlesung der Landesherrlichen Propo-
sitionen erfolgt, an welche sich die Verlesung der Propositionen des Direktoriums, des
Engeren Ausschusses und des Ritterschaftlichen Engeren Ausschusses anschließt. Darauf
wird zur Konstituirung der Kommitten geschritten, an welche üblicherweise die Vorlagen
zur Vorberathung vertheilt werden.
Den Vorsitz und die Leitung der Geschäfte führt das Landtags-Direkto-
rium, welches aus den drei Landmarschällen, den acht Landräthen und einem Deputir-
ten der Stadt Rostock gebildet wird und unter dem Präsidium des ältesten anwesenden
Landrathes steht, welcher das Protokoll dirigirt und vor Andern zur Führung des Wor-
tes berechtigt ist. Das Direktorium geht den Berathschlagungen und Abstimmungen des
Plenums mit einem Votum consultativum voran. Ferner hat es Anträge, welche auf
den Landtagen gestellt werden, entgegenzunehmen und dem Plenum zum Zwecke der Be-
schlußfassung oder zur Intimation für den folgenden Landtag zu unterbreiten. Wie der
Engere Ausschuß nimmt jedoch auch das Direktorium das Recht in Anspruch und übt
es thatsächlich aus, mißliebige Anträge als „verfassungswidrig“ von der Vorlage an das
Plenum auszuschließen ). Der Sitz des Direktoriums ist das Direktorialzimmer, in wel-
chem überhaupt alle Geschäfte erledigt werden, welche nicht eigentlich zur Berathung und
Abstimmung gehören. Berathungen und Abstimmungen erfolgen in einem eigenen De-
liberationszimmer und werden nur unter dem Vorbehalte zuweilen im Direktorialzimmer
vorgenommen, daß auf bezüglichen Antrag im Deliberationszimmer darüber delibirirt und
abgestimmt werden solle, ob im Direktorial= oder im Deliberationszimmer weiter zu delibi-
riren sei. Die Verhandlung und Entscheidung über die den Kommitten überwiesenen Ge-
genstände erfolgt in Grundlage der Kommittenberichte, wenn die betreffende Kommitte sich
über einen solchen geeinigt hat, sonst in Grundlage der abgegebenen Separatvota. Die
Kommittensitzungen sind geheim.
Die Kommittentenberichte werden nicht gedruckt, vielmehr erst in derjenigen Sitzung
durch Verlesung zur Kenntniß der Versammlung gebracht, in welcher über die Vorlage
berathen und abgestimmt werden soll, worauf dann unter Umständen die Versammlung
zunächst den Druck der Kommittenberichte anordnet. Eine Beschluß fähigkeits-
Zahl besteht nicht. Ebensowenig existirt eine Geschäftsordnung, ja auch eine
Tagesordnung und eine Rednerordnung sind dem Mecklenburgischen Landtage
· 1) Die Bedeutung dieses „Rechtes“ erhellt aus dem Umstande, daß die sämmtlichen Mit-
glieder des Direktoriums mit alleiniger Ausnahme des Rostocker Deputirten dem eingeborenen und
rezipirten Adel angehören. vgl. Manecke a. a. O. (s. oben S. 29 Note 5) Anl. C.