44 Büsing, Das Staatsrecht der Großherzogthümer Mecklenburg. 819.
zwischen Justiz und Verwaltung gewesen, da das Interesse der Stände an einer möglichst
weitgehenden Zulässigkeit des Rechtsweges auf der Hand liegt. Eine allgemeine gesetzliche
Regelung der Grenze zwischen Justiz und Verwaltung besteht indeß nicht; nur in einer
Fülle von Einzelbestimmungen ist für bestimmte Fälle die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit
des Rechtsweges ausgesprochen ). Für die Entscheidung von Kompetenz-Konflikten zwi—
schen Gerichten und Verwaltungsbehörden über die Zulässigkeit des Rechtsweges ist, wie-
wohl erst nach anfänglicher Weigerung der Stände, seit dem 1. Oktober 1879 ein Kom-
petenz-Gerichtshof geschaffen, an dessen Besetzung die Stände durch ein vom Engeren
Ausschusse geübtes Präsentationsrecht theilnehmen ?). Derselbe fungirt für beide Groß-
herzogthümer gemeinsam.
Vierter Abschnitt.
Bie Grganisation der obersten Staatsbehörden.
§ 19. Mecklenburg-Schwerin. Eine Organisation der obersten Staatsbehörden mit
ressortmäßiger Eintheilung der Geschäfte besteht nur in Mecklenburg-Schwerin und ist
auch hier erst in Folge der Bewegung des Jahres 1848 eingeführt, während bis dahin
eine kollegialische Behandlung der Regierungsgeschäfte die Regel bildete, wie dies in
Mecklenburg-Strelitz noch heute der Fall ist.
In Mecklenburg-Schwerin erfolgte die Organisation von Fachministerien
gleichzeitig mit der Erlassung des Staatsgrundgesetzes und mit Rücksicht auf dieses durch
V.O. vom 10. Oktober 1849. Als aber nach Wiederaufhebung des Staatsgrundgesetzes
die Stände auch die Beseitigung dieser V. O. forderten, wies die Landesherrschaft dieses
Ansinnen mit dem Hinweise zurück, daß den Ständen ein Anspruch auf eine bestimmte
Gestaltung der obersten Staatsbehörden verfassungsmäßig nirgends eingeräumt sei und
daß daher alle darauf bezüglichen Anordnungen lediglich zum Ermessen des Landesherrn
ständen ?2). In der Folge ist dann die Organisation der Ministerien zwar einer Revision
unterzogen, allein die auf Grund derselben erlassene V.O. vom 4. April 1853, be-
treffend die Organisation der Ministerien, welche im Wesentlichen noch heute
tin Geltung sich befindet, ist ebenfalls ohne Konkurrenz der Stände erlassen. Der staats-
rechtliche Charakter der Ministerien hatte sich allerdings schon durch das Wegfallen des
Staatsgrundgesetzes von selbst vollständig geändert. Während sie unter Geltung des
Staatsgrundgesetzes Staatsbehörden mit selbstständiger Verantwortlichkeit gewesen waren#),
sind sie bei Wiederherstellung der ständischen Verfassung wieder zu landesherrlichen Ver-
1) Vgl. darüber Trotsche, Meckl. Civil-Prozeß I. § 11 ff.
2) Vgl. Ausführungs-V.O. zum § 17 G.V.G. vom 19. Mai 1879 und v. Amsberg S.
3) Reskr. an die Landtags-Kommissarien vom 10. Dezember 1851. Raabe IV. S. 784.
4) St.G.G. §§ 127—135. Raabe IV. S. 678.
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