Full text: Handbuch des öffentlichen Rechts. Band III.2.1. Das Staatsrecht von: Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg, Braunschweig, Anhalt, Waldeck, Schaumburg-Lippe, Lippe. (5)

8 4. Landesvertretung. 79 
stehende Gesammtmasse, zerfällt aber in Beziehung auf die auf ihm ruhenden Lasten und 
den Genuß seiner Aufkünfte in 3 nach den 3 Provinzen gesonderten Massen, aus denen 
zu den Gesammtkosten des Großherzogthums nach mit dem Landtage vereinbarten Pro— 
centen beigetragen wird. Diese betragen jetzt und bis 1887 für Oldenburg 76, Lübeck 
16 und Birkenfeld 8 Procent. 
§ 4. Die Landesvertretung. In Oldenburg konnte wegen seiner geringen Größe 
und der vorhandenen socialen Verhältnisse nur das Einkammersystem als möglich 
angesehen werden; schwierig aber war die Lösung der Frage: wie bei der Zusammen— 
setzung des Großherzogihums aus drei räumlich weit getrennten, nach Stamm der Be— 
völkerung, nach Sitte, Gesetzgebung und volkswirthschaftlichen Bedürfnissen sehr ungleich- 
artigen Landestheilen eine den Verhältnissen entsprechende Verfassung herzustellen sei. Nach 
dem St.G.G. von 1849 sollte für gemeinsame Angelegenheiten ein das ganze Großherzog-= 
thum vertretender allgemeiner Landtag, und für die besonderen Angelegenheiten 
jedes der 3 Landestheile ein Provinziallandtag die Gesetze berathen, beschließen, die 
Steuern bewilligen u. s. w. Es ist nicht einmal zu einem ernstlichen Versuche gekommen, 
diese 4 Landtage, jeden mit selbständigen legislativen und finanziellen Befugnissen, ins 
Leben zu rufen; im Fürstenthum Birkenfeld wurde sogar die Wahl zu den ersten beiden 
allgemeinen Landtagen verweigert, weil Birkenfelds staatliche Selbstständigkeit durch solches 
St.G.G. verletzt gehalten wurde. Bei der Revision des St.G.G. siegte der Gedanke der 
Staatseinheit. Das St. G. G. von 1852 kennt nur einen beschließenden Landtag zur 
gleichen Wahrnehmung der verfassungsmäßigen Volksrechte für alle Gegenstände und alle 
Landestheile. Außerdem ward in jedem der beiden Fürstenthümer Lübeck und Birkenfeld 
ein aus gewählten Mitgliedern bestehender Provinzial-Rath eingerichtet, dessen Bei- 
rath für alle Gesetze, Staatsverträge und Theile der Voranschläge, welche allein oder 
doch vorzugsweise Angelegenheiten der Provinz betreffen, nothwendig ist, welchem die 
Rechnungen über die Provinzial-Einnahmen und Ausgaben mitzutheilen sind und welchem 
das Recht zusteht, in allen die Interessen der Provinz betreffenden Angelegenheiten An- 
träge und Beschwerden nicht blos an die Provinzial-Regierung, sondern auch an die 
Staatsregierung, und falls sie hier ihre befriedigende Erledigung nicht erhalten, an den 
Landtag gelangen zu lassen. Die Provinzialräthe versammeln sich jährlich wenigstens 
einmal, verhandeln öffentlich in parlamentarischer Weise, und sind ihre in Angelegenheiten, 
welche demnächst auf dem Landtage verhandelt werden, abgegebenen Gutachten dem Land- 
tage mitzutheilen. 
Daß eine solche Einrichtung nach allen Seiten hin Befriedigung gewährt hat, wird sich 
nicht behaupten lassen, doch sind Verbesserungswünsche nicht laut geworden. Die Betheiligung 
der Urwähler an den allgemeinen Wahlen war regelmäßig in Lübek und Birkenfeld größer, 
als in Oldenburg. Die Gutachten der Provinzialräthe wurden beim Landtage durch die dem 
betreffenden Fürstenthum und meistens auch dem Provinzialrathe angehörigen Abgeordneten ver- 
treten und fanden volle Berücksichtigung. Die Mitberathung und Abstimmung auf dem Land- 
tage in Angelegenheiten einer fremden Provinz hat sich nicht hinderlich, eher förderlich erwiesen 
im Sinne einer Bevorzugung allgemeiner Interessen vor solchen mehr lokaler oder sonst parti- 
kularer Natur. 
Der jetzt aus 34 in geheimer Wahl gewählten Mitgliedern bestehende Landtag tritt, 
wenn nicht Regierungs-Erledigung oder Landtagsauflösung eine außerordentliche Berufung 
nothwendig macht oder das Bedürfniß eine solche zweckmäßig erscheinen läßt, nur alle 3 
Jahre, im letzten Jahre der dreijährigen Finanzperiode zusammen, und wird für jeden 
ordentlichen Landtag, sowie im Fall einer Auflösung, eine Neuwahl vorgenommen. Baldigst 
nach der Schließung oder Auflösung eines jeden Landtags verkündet der Großherzog im 
Gesetzblatt seine zustimmende oder ablehnende Erklärung über dessen bis dahin nicht er- 
ledigte Anträge durch einen „Landtagsabschied". — Die Abgeordneten erhalten Tagegelder. 
— Während der Zeit, in welcher der Landtag nicht versammelt ist, tritt ein von dem-
	        
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