80 Becker, Das Staatsrecht des Großherzogthums Oldenburg. 84.
selben aus seiner Mitte gewählter, aus dem Vorstande und 5 Mitgliedern bestehender
ständiger Landtagsausschuß in Wirksamkeit, welcher die Bestimmung hat, auf die
Vollziehung der Landtagsabschiede zu achten, und das sonstige Interesse des Landtags
wahrzunehmen, auch eintretenden Falls die Berufung eines außerordentlichen Landtags
unter Darlegung der Gründe zu beantragen. Seine Hauptwirksamkeit hatte dieser Aus-
schuß bisher in Fällen der Begutachtung von neuen Gesetzen oder Ausgaben, welche dringend,
d. h. einen Ausschub bis zum nächsten ordentlichen Landtag nicht zulassend, aber nicht
wichtig genug erschienen, um die Berufung eines außerordentlichen Landtages zu recht-
fertigen. — Bei einem Landtage, in welchem politische Parteien vertreten wären, könnten
Bedenken entstehen, ob durch bejahende Gutachten eines solchen Ausschusses nicht die Ver-
antwortlichkeit der Minister beeinträchtigt, oder die zur fortdauernden Gültigkeit des neu
Angeordneten erforderliche Zustimmung des Landtags in ihrer Freiheit gehemmt werden
könnte, aber Differenzen politischer Art zwischen Landtag und Staatsregierung kommen
kaum vor, und politische Parteien giebt es im Oldenburger Landtage nicht mehr.
Aus dem Wirkungskreise des Landtags dürfte folgendes Besondere hervor-
zuheben sein. Gesetze und Verordnungen sind verbindlich, wenn sie in gesetzlicher Form
verkündet sind. Die Prüfung der Rechtsbeständigkeit gehörig verkündeter Gesetze und Ver-
ordnungen steht nicht den Behörden, sondern nur dem Landtage zu. Bei Verschiedenheit
der Ansichten zwischen Staatsregierung und Landtag über die Grenzen der verfassungs-
mäßigen Mitwirkung des Landtags oder über eine Auslegung des St. G. G. entscheidet
ein vereinbartes Schiedsgericht oder als Schiedsgericht der Staatsgerichtshof. Dieser
ist auch für Anklagen der Minister Seitens des Landtags zuständig, und zwar nicht blos
wegen vorsätzlicher oder grobfahrlässiger Verletzung der Verfassung, sondern auch wegen
Mißbrauchs ihres Amtes zu einem gemeinen Verbrechen und wegen einzelner besonders
genannter Verbrechen oder Vergehen im Amte. Ueber eine die Unabhängigkeit dieses Ge-
richtshofes sichernde Einrichtung desselben sind besondere staatsgrundgesetzliche Bestimmungen
getroffen, und das Verfahren bei demselben später durch Gesetz geregelt, praktisch indessen
nicht erprobt. ·
Der dreijährige Voranschlag des Staatsbedarfs, für Oldenburg in der Regel
ausreichend, wird mit möglichster Vollständigkeit und Genauigkeit aufgestellt, und mit den
zur Prüfung erforderlichen Belegen und Erläuterungen versehen. Für die Gehalte und
Geschäftskosten im Justiz- und Verwaltungsdienste dienen besondere, wie ein Gegenstand
der Gesetzgebung zu behandelnde, Regulative als Norm der Bewilligung. Das neueste
Regulativ ist vom Januar 1879 und mag aus demselben als Beispiel angeführt werden,
daß erhalten sollen die Mitglieder der Landgerichte und die Amtsrichter jeder 2400 bis
6500 Mark, jedoch soll im Durchschnitt jeder von ihnen nicht über 4450 Mark, und können
nur zehn über 6000 Mark erhalten. Der Landtag darf seine Zustimmung zur Forter-
hebung der bestehenden Steuern und Abgaben nicht verweigern, soweit dieselben zur
Führung einer den Reichspflichten und der Landesverfassung entsprechenden Regierung, und
insbesondere zur Deckung von Ausgaben erforderlich sind, welche auf reichs= oder landes-
gesetzlichen oder privatrechtlichen Verpflichtungen beruhen. Auch darf die Bewilligung der
erforderlichen Mittel nicht von Bedingungen oder Voraussetzungen abhängig gemacht
werden, welche nicht den Zweck und die Verwendung derselben oder den Umfang des Be-
dürfnisses oder die Größe oder die Art der Vertheilung und Erhebung, oder die Dauer
der in Frage stehenden Steuern, Abgaben und Leistungen betreffen. Wenn es einmal
vorkommen sollte, daß Staatsregierung und Landtag sich über die erwähnten Ausgaben
oder über die zu deren Deckung erforderlichen Mittel nicht einigen, so soll Entscheidung
durch ein Schiegsgericht oder den Staatsgerichtshof erfolgen.