90 Sonnenkalb, Das Staatsrecht des Herzogthums Sachsen-Altenburg. § 6.
Landeswohlfahrt angehörigen Geschäfte (Fremdenpolizei, Bevormundung unehelicher Kinder
u. s. w.) übertragen.
Die polizeiliche Verwaltung ist in der Regel unentgeltlich. Den Aufwand hierfür
trägt die Gemeinde. Nur für Zwangs-Verfügungen und wo in den Verwaltungs= und
Polizeivorschriften die Erhebung bestimmter Gebühren nachgelassen ist, ist die Gebührener=
hebung statthaft. (Verordnung vom 25. September 1876.) Geldstrafen und Kosten, wo
solche ausnahmsweise berechnet werden, fließen in die Gemeindekasse.
Die polizeilichen Verfügungs= und Strafbefugnisse des Gemeindevorstehers sinden
unterhalb Erwähnung.
In Irrungen über die Gemeindeangelegenheiten (Irrungen über Gemeindebeiträge
sind nur im Verwaltungswege zu entscheiden) entscheidet erstinstanzlich die Aufsichtsbehörde.
Die Oberaufsicht wird in allen Instanzen unentgeltlich ausgeübt, bis auf die unum-
gänglichen der Gemeindekasse zur Last fallenden Verläge und Kopialien, die Fälle einer
Verschuldung oder des Rechts-, des Administrativjustiz= und unter Umständen des Be-
schwerdewegs ausgenommen.
Neben der politischen Gemeinde besteht in einer Mehrzahl von Dörfern noch eine
sogenannte Alt-, Groß= oder Kleingemeinde als Eigenthümerin von Grundstücken oder
Gerechtsamen, welche gleichfalls als Gemeindegut bezeichnet werden und an welchen den
Mitgliedern der politischen Gemeinde häufig Mitbenutzungsrechte zustehen. Die Alt-Ge-
meinde-Mitgliedschaft ist gewöhnlich mit gewissen Gutssitzen verbunden. Die Mitglieder
werden rechtlich als Miteigenthümer sogenannten Gemeindeguts angesehen und nur
ausnahmsweise (Gesetz vom 20. April 1857 § 9) gemeindeähnlich behandelt. Die Ver-
äußerung dieser Güter kann wegen ihrer Beziehung zur politischen Gemeinde nur mit
Genehmigung der Aufsichtsbehörde geschehen. (Ges. v. 31. Januar 1856.)
Die Ortsgemeinden nehmen, sehr häufig in Verbindung mit andern, für ihre Auf-
gabe in der Verfolgung der Kirchen= oder Schulzwecke und der ihnen hierin übertragenen
Selbstverwaltung rechtlich die besondere Eigenschaft von Kirchen= oder Schulgemeinden mit
gesondertem Vermögen und besonderer Verfassung an, worüber das Nähere beim Verhält-
niß des Staats zur Kirche und Schurle.
II. Die Kommunalverbände höherer Ordnung. Zur Verwaltung von
Geschäften der Polizei und zur Wahrnehmung anderer, der Bestimmung der oberen Verwal-
tungsbehörde vorbehaltenen öffentlichen Angelegenheiten werden Dorfgemeinden zu Amtsbe-
zirken vereinigt. Größere Gemeinden können auch auf Antrag zu einem Amtsbezirke erklärt
werden. Die Amtsbezirke haben zur Zeit nur den Charakter staatlicher Verwaltungsbe-
zirke, nicht kommunaler Körperschaften. Die Amtsbezirks-Gemeinden haben die Amts-
kostenentschädigung oder Remuneration des zwischen der Ortsgemeinde und dem Landraths-
amte stehenden Polizeiorgans, des für jeden Amtsbezirk ernannten Amtsvorstehers, sowie
die sachlichen Kosten des Schiedsmannsamtes (Ges. v. 19. April 1879) aufzubringen.
Soweit die Kasse des Amtsbezirks, in welche Strafen, Bußen und Kosten, in welche der
Amtsvorsteher verurtheilt, in der Regel fließen, hierzu nicht ausreicht, haben sie nach Ver-
hältniß ihrer direkten Staatssteuern beizutragen. Der Amtsvorsteher hat jährlich Rechnung
zu legen, welche von der Aussichtsbehörde justifizirt wird. (Ges. v. 13. Juni 1876.)
Die Gemeindevorsteher des Amtsbezirks sind über die zu ernennenden Schiedsmänner
gutachtlich zu hören.
Es ist den Gemeinden nachgelassen, sich zu Armenverbänden zu vereinigen (Verordn.
v. 3. Juni 1871), welche indeß nicht den Charakter von Kommunalverbänden höherer
Ordnung haben.
Kreisverbände existiren nicht.
Die Obliegenheiten des Landarmenverbandes hat der Staat übernommen.