Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.2. Das Staatsrecht der Thüringischen Staaten. (6)

810. Die Verwaltung. 101 
beschränkt sich, vom Erlasse von Regulativen in Gemeindeangelegenheiten mit Zustimmung 
des Gemeindevorstands abgesehen, auf Ge- und Verbote für einzelne Fälle innerhalb 
seines polizeilichen Wirkungskreises, verbunden mit Androhung von Geldstrafen bis zu 3 
Mark und auf die Berechtigung, nach fruchtloser anderweiter Androhung die Ausführung 
der in Frage stehenden Verfügung auf Kosten des Verpflichteten bewirken zu lassen, auch 
bei Gefahr im Verzuge diese Androhung mit der ersten Verfügung zu verbinden und die 
Verurtheilung in die verwirkte Strafe nebst Kosten auszusprechen. 
Dem Amtsvorsteher steht das Recht zu, polizeiliche Verfügungen mit Straf- 
androhung bis zu 10 Mark innerhalb seiner Zuständigkeiten auf dem Gebiete der Ortspolizei 
und der allgemeinen Landesverwaltung und innerhalb seines Amtsbezirks nach vorgängigem 
Gehöre der Gemeindevorsteher, beziehentlich des Gemeinderaths und falls der Amtsbezirk 
aus nur einer Gemeinde gebildet wird, zu erlassen, auch mit Zustimmung des Ministeriums 
des Innern diese Strafandrohung bis zu 30 Mark zu erhöhen und die Verurtheilung in 
die verwirkte Strafe nebst Kosten auszusprechen. (Ges. v. 13. Juni 1876.) 
Die Landrathsämter sind zu Verfügungen mit Strafandrohung bis zu 60 
Mark, eventuell mit der weiteren Androhung, die Ausführung auf Kosten des Ungehor- 
samen bewirken zu lassen, ingleichen zur Verurtheilung in die verwirkte Strafe nebst Kosten 
berechtigt. (Ver. v. 17. October 1865.) 
Unter den Kosten sind die Aufwände mit begriffen, welche die Ausführung der dem 
Verpflichteten gebotenen Handlung verursacht hat. 
Die Befugniß der einzelnen Stadträthe zum Erlaß von Lokalpolizeiordnungen, welche 
vom Ministerium des Innern zu bestätigen sind (Ges. v. 14. März 1866), richtet sich 
nach den einzelnen Stadtordnungen. Ihr Strafrecht ist bei Uebertretung von Polizeige- 
setzen und Anordnungen mit bestimmtem Strafmaß lediglich durch die Strafprozeßordnung, 
ohne bestimmtes Strafmaß auf 4 Tage Freiheitsstrafe oder 18 Mark Geldstrafe be- 
schränkt. 
Das Ministerium des Innern kann Verfügungen mit Strafandrohung bis 14 Tage 
Freiheitsstrafe oder 75 Mark Geldstrafe erlassen. 
Gegen Strafverfügungen, bei welchen es sich nicht um Uebertretungen handelt, ist 
nur Berufung im Verwaltungswege zulässig. 
Zum Erlaß von Strafverfügungen nach Maßgabe der §8 453 bis 458 der deutschen 
Strafprozeßordnung wegen Uebertretungen jeder Art sind nur die Landrathsämter, Stadt- 
räthe und Amtsvorsteher innerhalb ihres Geschäftskreises berechtigt, indeß mit der Ein- 
schränkung, daß, wo die Befugniß der genannten Polizeibehörden nach landesgesetzlichen 
oder ortsstatutarischen Vorschriften eine beschränktere ist, als nach den Bestimmungen in 
§ 453 der Strafprozeßordnung, es dabei sein Bewenden hat. Hiernach ist die Befugniß 
des Amtsvorstehers in der oben bezeichneten Weise beschränkt. 
Dem Ministerium des Innern steht es zu, die polizeibehördliche Befugniß innerhalb 
der Grenzen des § 453 zu erweitern, sowie auch zu beschränken. 
Gegen Strafverfügungen wegen Uebertretungen ist nur der Rechtsweg zulässig. 
Falls die an Stelle einer nicht beizutreibenden Geldstrafe tretende Haftstrafe nicht festge- 
setzt ist, tritt Umwandlung der ersteren nach Maßgabe der Strafprozeßordnung ein. (Ges. 
v. 8. Mai 1879.) 
Im Allgemeinen ist die Sportelpflichtigkeit in Polizei= und Verwaltungssachen nicht 
Regel, sondern Ausnahme, soweit nicht Spezialgesetze sie gestatten. Diäten sollen Seitens 
der Landrathsämter überhaupt nie berechnet werden. Dagegen sind Kosten und Verläge 
(Reisekosten) in Sachen, wo durch das Privatinteresse einer Person oder ihre Verschuldung 
Expeditionen sich nothwendig machen, zu berechnen. (Ver. v. 25. September 1856.) Die 
Gemeindevorsteher sollen bei polizeilichen Zwangsmittel-Verfügungen, die Amtsvor-
	        
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